Posts mit dem Label Buchrezension werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Buchrezension werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 12. Oktober 2014

Gruselherbst | "Gods of The Nowhere: A Novel of Halloween" von James Tipper



"Gods of Nowhere" von James Tipper ist das erste Buch, das ich im Zuge meines "ich lese jetzt mehr Gruselzeug" Projekts gelesen habe (-> hier gehts zum dazugehörigen Blogpost <-) und leider war es nicht der allzu glorreiche Auftakt. Es blitzen zwar dort und da ein paar wirklich hübsche Ideen auf, aber insgesamt ist die Ausführung dann doch etwas holprig. Auf deutsch ist das Buch soweit ich weiß nicht erschienen - laß mich da aber natürlich gerne berichtigen.








Sam McGrath, 18 Jahre jung und letzter Nachfahre einer mächtigen Druidenfamilie, muss gemeinsam mit seiner Freundin Lucia den bösen Simon Magus aufhalten. Dieser versucht nämlich die Trennung zwischen hier und "Nowhere" aufzuheben und die Toten ins Reich der Lebenden zu führen.
Dabei wird aus den mystischen und sagenhaften Kübeln geschöpft - Druiden, Aliens in Ägypten, Jesus Christus: alles wird fröhlich in den Mix geworfen um eine Legende um die Druidenfamilie McGrath und Halloween zu weben.
Das klingt jetzt fast fürchterlicher als es ist - oft funktioniert die Mischung; besonders wenn ältere Volksmärchen wie Baba Yaga in die Geschichte eingeflochten werden.

...Achtung liebeR LeserIn. Hier begebe ich mich auf Abwege. Aber das Thema liegt mir offensichtlich am Herzen....

Aber dass die Erbauer der ägyptischen Pyramiden magische Wesen aus dem All waren - da schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken. Ich muss ganz ehrlich sagen: wäre das irgendwo in der Inhaltsbeschreibung aufgetaucht, hätte ich gar nicht erst angefangen zu lesen. Vielleicht ist das engstirnig von mir, aber das Buch, das mir diesen "Aliens im alten Ägypten Schmus" spannend verpacken kann ohne eine unterschwellige esoterische Botschaft muss mir erstmal gezeigt werden. Diese "Sternenwesen" sind im Buch übrigens der Grund dafür, dass es Magie in unserer Welt gibt. Also stammen die Druiden aus Ägypten? Jedenfalls sind die Sternenwesen dann auch wieder mal abgeflogen, weil wahrscheinlich die Grundstückspreise explodiert sind. Schweife ich ab? Habe ich übrigens schon erwähnt, dass das nur eine sehr kurze Passage in dem Buch ist... Insgesamt wird das ungefähr in einem Satz abgehandelt "Who do you think built Egypt?" Keine weitere Erklärung nötig. Aliens haben "Ägypten gebaut" (so würde ich zumindest den Satz übersetzen...). Also gut. Damit wäre alles gesagt. (Auch mir war nicht klar das ich so starke Gefühle zu dem Thema habe.)

...Wir machen jetzt einfach weiter als hätte ich nie etwas über Pyramiden und Aliens gesagt....

Die Idee, dass es da ein Nowhere gibt, eine Art Fegefeuer-Land, in dem verschiedenste Gestalten gefangen sind und wie und warum es mit unserer Welt verwoben es ist und daher Halloween gefeiert werden muss, finde ich durchaus spannend und gut ausgedacht. Der beste Teil des Buches ist eigentlich auch, wie Sam und Lucia eben durch diese Land stolpern, auf der Suche nach ihrer Mission. Die Beschreibungen lassen schauriges Kopfkino zu (filmverdorben wie wir sind würde ich hier von burtonesk sprechen) und zeigen das der Autor wirklich etwas kann, wenn er sich Zeit lässt.
Das Tempo ist hier übrigens ein springender Punkt: Kennt ihr vielleicht die Bücher wo man das Heldenmenschlein im Mittelpunkt des Sturms anbrüllen möchte: "Sieh doch endlich die Zeichen. Du bist eine Halbelfe. Da existiert eine magische Welt da draussen und du bist Teil davon. Komm in die Gänge, du verdammte auserwählte Holbirne!!!!", während Hauptperson x noch immer alles hinterfragt und sich alles "einbildet". Machen euch solche Bücher wahnsinnig? Wünscht ihr euch das totale Gegenteil? Dann habe ich einen Buchtip für euch *zwinkerzwinker*.
Den ersten Teil von "Gods of The Nowhere" kann ich euch gerne zusammenfassen:

"Hallo. Ich bin Sam. Meine Eltern sind bei einem Autounfall gestorben und auch ich wurde Jahre später von einem Auto angefahren. Seitdem bin ich auf einem Auge blind. Seitdem ich denken kann, bin ich anders als alle anderen. Ich kann in die Zukunft sehen. Wahrscheinlich bin ich ein Freak. Oh... eine Wikipedia Seite über Druiden. Endlich die Antwort. Ich bin ein Druide... Hey Lucia, lass uns heute Nacht am Friedhof schlafen, denn ich denke, ich bin da Teil von einer großen Sache."

Um gaaaaanz ehrlich zu sein: Es gibt eine Art Vorgeschichte die in den "früheren Zeiten" in Irland spielt ,wo sich zwei Druiden bekämpfen. Das heißt als LeserIn erfäht man schon etwas mehr und es ist schon von Anfang an klar, wer der halbblinde Sam in Wahrheit ist. Aber trotzdem wäre es nett, wenn die Entdeckung von Sam zu seiner wahren Identität ein bisschen schlüssiger und liebevoller gestaltet wäre. Es ist schwierig nachzuvollziehen, dass Sam, nachdem er jahrelang eigenartige Erlebnisse hatte (diese aber nie wirklich hinterfragt hat), plötzlich durch eine Wikipedia Seite von seiner Aufgabe überzeugt wird. Etwas zur Ruhe kommt der Autor dann erst, als die Geschichte "richtig" anfängt und da wird das Erzählte dann wie gesagt auch richtig gut. Gegen Ende zieht er das Tempo leider wieder etwas.

Die Beschreibungen von Nowhere im Mittelteil wären so gewesen, wie ich es mir von einem Halloween Buch gewünscht hätte. Leider wird das positive Leserlebnis aber durch zu beschleunigte Handlungsabläufe, etwas erzwungene Jugendsprache und einen übetrieben Mythenbrei dann doch stark minimiert. Wahrscheinlich ist das Buch auch eher für 13jährige und nicht für 30jährige gedacht. Aber auch Teenager haben ein Recht auf wirklich gute Geschichten und die kann man dann normalerweise auch etwas betagter noch gut lesen.
















Sonntag, 31. August 2014

Thriller | Gone Girl - Das perfekte Opfer von Gillian Flynn





Thriller wird ja so als Genre von mir im Großen und Ganzen vernachlässigt. Ich bin eher so eine klassisches Krimi-Tantchen. Aber ich habe vor kurzem zufällig den Trailer zu "Gone Girl"  gesehen (das Buch wurde nämlich schon verfilmt) und ich musste einfach wissen, wie die Geschichte ausgeht. Besonders nachdem alle Kommentare zu dem Trailer auf eine überaschende Wendung anspielen.



 Trailer zu Gone Girl



Das Buch beginnt an dem Tag an dem Amy Dunnee verschwindet. Ihr Mann kommt heim und die Tür steht offen und seine Frau ist nicht da. Während nun die Suche nach ihr startet und die Polizei versucht das womögliche Verbrechen zu rekonstruieren, erfährt man mehr über die Ehe und die Geschichte von Amy und Nick. Die Kapitel sind abwechselnd aus Nicks und Amys Perspektive gestaltet - im Fall von Amy handelt es sich um Tagebucheinträge. Schnell gerät Nick als Hauptverdächtiger in das Zentrum der Ermittlung. Aber es wird beim Lesen auch schnell klar, dass es nicht ganz so simpel sein kann. Die erste überraschende Wendung ist daher weniger überraschend, aber damit ist die Autorin auch noch nicht ganz zufrieden. Das Buch endet nicht bei der Auflösung um Amys Verschwinden, sondern geht ein bis zwei Schritte weiter und gibt dem Roman somit einer weitere (unerwartete?) Wendung.
Der Thriller ist wirklich schön zackig geschrieben, ohne zu lange Strecken oder langwierige psychologischer Erklärungsmuster. Das Ende ist aber vielleicht nicht für jeden Geschmack. Es gibt keine abschließende Gerechtigkeit, keine wirkliche Erklärung an der man sich festhalten könnte. Aber das ist vielleicht auch einfach Teil des Psychospiels.

Gillian Flynn, Gone Girl, 2012






Sonntag, 27. Juli 2014

Steampunk | Die Glasbücher der Traumfresser von Gordon Dahlquist (Band 1)

Nachdem ich in letzter Zeit Schwierigkeiten habe, irgendeine Form von Rezension in halbwegs verständlicher Form ins Internet zu bringen, versuch ich die unverständliche. Hier ein paar abgerissene Sätze zu einem der Buch. Ich habe es gelesen. Hier ist mein Eindruck...

Mein erstes Steampunk Buch: "Die Glasbücher der Traumfresser" (OT: The Glass Books of the Dream Eaters, 2006) von Gordon Dahlquist.

Steampunk, die lustige Verbindung von viktorianischem Lebenstil und wahnwitzigen Dampfmaschinen, war bisher kein Genre mit magischer Anziehungskraft für mich. Und das wird sich wahrscheinlich auch nicht ändern. Ein Grund dafür ist sicher, dass für mich angestaubte Seele die original viktorianische Literatur aufrregend genug ist.




Drei Charaktere, wie sie kaum unterschiedlicher sein könnten, werden in einen Strom von unerklärlichen Ereignissen hinein und dadurch zu einander hingezogen. Da ist die propere Miss Temple, die plötzlich ohne Erklärung von ihrem Verlobten verlassen wird. Aber so ein Fräulein von einer Südseeinsel lässt sich das nicht so einfach bieten und stellt Nachforschungen an. Cardinal Chang wiederum ist ein "Problemlöser" oder Auftragkiller, der durch seine Beruf und die Liebe zu einer Prostituierten Teil der Geschichte wird. Und der Arzt Abelard Svenson verliert seinen Schützling, den Kronprinzen von Mecklenburg. Alle drei sehen sich einer misteriösen Gesellschaft gegenüber, die es durch einen Maschine schafft, den Menschen ihren freien Willen (?) zu berauben, ihnen dadurch aber auch unheimliche Freiheit schenkt (...so oder so ähnlich... wirklich erklärt wird die Prozedur eigentlich nicht). Den einzigen Personen, denen sie trauen können sind sie selbst - dadurch müssen sie sich aber auch erst einmal finden. Gemeinsam könnten sie stark genung sein, dieser Geheimgesellschaft die Stirn zu bieten. Nachdem sie sich endlich am selben Ort befinden, wird die traute Dreisamkeit aber schnell durch einen (eher unerklärlichen ) Eifersuchtsanfall von Miss Temple wieder aufgelöst... Sei läuft ohne Erkärung von dannen und Svenson und Chang laufen getrennt dem verrückten Frauenzimmer hinterher... (die Wendung scheint mir etwas altbacken, aber es anzunehmen, dass "damals" die Frauen noch unlogischer waren und dieses spezielle Exemplar sowieso schon unglaublich selbstständig und wehrhaft ist. Da müssen ein paar übertrieben Emotionen sein, sonst geht die Weiblichkeit ja komplett verloren...)

Ansich ist das Buch ja schon spannend, wie eine Spionagegeschichte im viktorianischen Fantasyland. Und den Titel finde ich ja sehr großartig - deswegen habe ich das Buch überhaupt gelesen. Aber im letzten Drittel wurde es mir dann doch zu langatmig. Es wurde zu langwierig versteckt, verfolgt, bedroht, aus unmöglicher Situation gerettet, verfolgt, versteckt... ohne das zu einem wirklichen Ergebnis kommt. Selbst James Bond hätte da zumindes mal einen Powernap und eine Kopfwehtablette gebraucht.
Ein bisschen sexy ist auch dabei; aber mehr andeutungsweise. Es werden ziemlich oft Vorrichtungen mit Lederriemen gefunden und vor allem bei Frauen scheint das Verfahren der geheimnisvollen Gegner vor allem zu einer erhöhten Libido zu führen. Das ist aber eigentlich auch das einzige, was man über den "Prozess", wie es im Buch genannt wird, erfährt. Nachdem das eigentlich der Motor für die ganze Geschichte ist, wäre es nett gewesen ein bisschen mehr zu verstehen, was mit den Leuten da eigentlich passiert... Aber es gibt ja einen zweiten Teil. Aber ob ich den lese, ist momentan noch fraglich. Aber den Titel finde ich wirklich schön.







Sonntag, 4. Mai 2014

'Zu zweit tut das Herz nur halb so weh' von Julie Kibler



Das Buch 'Zu zweit tut das Herz nur halb so weh' war ein sehr nettes Geschenk von Isabelle akà Papyrus von "Alles nicht so wichtig". Es hatte eine etwas schwierige Anreise, weil es anscheinend so gar nicht recht zu mir kommen wollte, aber inzwischen haust es schon eine Weile bei mir und eines Sonntags im April hab ich mich dann auch daran gemacht es zu lesen.

Piper Verlag


Es ist die Geschichte von Isabelle, 89 Jahre, und ihrer Afro-Amerikanischen Friseurin Dorrie, die einander freundschaflich verbunden sind. Daher begleitet Dorrie Isabelle auf eine Autoreise von Arlington nach Cincinnati zu einem Begräbnis. Auf dieser Reise erfährt man von Isabelles Jugendzeit in Kentucky in den 30ern des 20. Jahrhunderts und von ihre ersten (und einzigen) großen Liebe.

Eigentlich ist diese Art von Büchern ja genau meins. Ich mag tragische Liebesgeschichten und Bücher, die in den Südstaaten spielen. Eigentlich perfekt. Noch dazu ein Buch, dass eine etwas beschwerlich Reise hinter sich hat und mich dran erinnert, wie schön es sein kann via Internet mit anderen (lesebegeisterten) Menschen in Kontakt zu treten. Aber leider... das schriftstellerische Debut von Julie Kibler hat mich etwas kaltgelassen. Bevor ich näher auf die Gründe eingehe vorweg eine Warnung an alle, die das Buch noch gerne lesen wollen - in diesem Fall lassen sich für mich "Spoiler" kaum vermeiden. Also mit Vorsicht geniessen beziehungsweise folgt dann noch rechtzeitig eine Warnung.

Zuerst zu den positiven Dingen - die Geschichte liest sich zügig ohne mühsamen Längen und grundsätzlich mochte ich die Freundschaft zwischen Isabelle und Dorrie. Ich hätte mir da sogar etwas mehr Tiefgang gewünscht über die Schwierigkeiten und Gemeinsamkeiten, die sich durch ihre komplette verschiedenen Lebenswelten ergeben.
Aber zur eigentlichen Liebesgeschichte zwischen der 17jährigen Isabelle und dem Sohn der farbigen Hausangestellten. In den 30ern in Kentucky ein Ding der Unmöglichkeit, aber Isabelle lässt sich durch nichts und niemanden aufhalten. In ihrer Liebe zu Robert ist sie waghalsig bis fast zur Dummheit. Und Robert ist einfach nur perfekt - wohlerzogen, intelligent, ambitioniert. Obwohl er sich den Gefahren für sich und seine Familie mehr bewusst scheint, so ist auch er bereit alles hinter sich zu lassen für seine große Liebe.
-Soweit bin ich auch noch dabei - nicht die glaubwürdigst beschriebene Liebesgeschichte aller Zeiten, aber ich bin durchaus auch für etwas mehr Gefühl und weniger Realität bei romantischen Dingen. Aber dann beginnt mich Isabelle zu ärgern und damit ging auch jegliche Sympathie für sie verloren. (Achtung - ab jetzt wird dann zu viel von der Geschichte verraten)-
Isablle und Robert heiraten heimlich, werden aber entdeckt und Isabelle wird in ihrem Elternhaus eingesperrt und wie eine Aussätzige behandelt. Was Robert passieren wird, kann man nur befürchten. Isabelle ist schwanger, bekommt ihr Kind aber zu früh und es stirbt. Nachdem sie nun alles verloren hat, Kind und Robert, darf Isabelle wieder das Haus verlassen. Sie sucht sich einen Job und zieht von zu Hause aus. Und diese Isabelle, die in der ersten Hälfte des Buches fast übertrieben mutig war, macht nun einfach gar nichts. Weder versucht sie die Krankenschwester, die bei der Frühgeburt dabei war, zu kontaktieren um vielleicht das Grab ihres Kindes zu besuchen, noch versucht sie Robert eine Nachricht über ihre Situation zukommen zu lassen. Viel mehr glaubt sie einer vagen Andeutung seiner Schwester,  dass er sich bereits eine neue Freundin zugelegt hat. Warum auch nicht.
Natürlich könnte es sein, dass sie durch ihre Erlebnisse einfach bis zur Erstarrung traumatisiert ist, aber so richtig erstarrt ist sie ja nicht. Sie arbeitet, sie geht aus und sie lernt einen Mann kennen. Sie liebt ihn zwar nicht, aber sie heiratet ihn dann trotzdem. Und ab diesem Zeitpunkt war es zwischen mir und Isabelle vorbei. Man kann mir doch nicht vorher die dramatische-wir-gegen-den-Rest-Liebe verkaufen und dann einfach mal jeman anderen heiraten. Es gibt keinen Grund für diese Hochzeit. Isablle hat einen Job, ein Dach über den Kopf, sie liebt jemand anderen. Emotional spricht alles gegen diese Hochzeit. Eine böse Vermutung ist, dass es sich vielleicht um einen Kunstgriff der Autorin handelt um noch etwas mehr Dramatik ins Geschehen zu bringen (Hallo Hollywood!). Denn Robert steht natürlich dann doch vor ihrer Haustüre und wenigstens er hat niemanden anderen. Ein Happy End wird hier trotzdem niemanden gegönnt. Aber da konnte ich auch schon nicht mehr mit Isabelle mitfiebern - ihre Persönlichkeit hatte sich zu unglaubwürdig vom Heißsporn zur 'der, die dem Schicksal ergeben ist' gewandelt.

Julie Kibler wurde übrigens zu der Geschichte von ihrer Großmutter inspiriert, die sich in ihrer Jugend in einen jungen Farbigen verliebt hatte, aber deren Beziehung von ihrer Familie strikt unterbunden wurde.


Vielen lieben Dank noch einmal an Isabelle - ich wollte das Buch unbedingt lesen und es war sehr toll, es geschickt bekommen zu haben. Wer auch immer über diesen Text stolpert und Isabelles Blog "Alles nicht so wichtig" noch nicht kennt - unbedingt besuchen. Wunderschöner Blog mit Büchern, Reisberichten und tollen Fotos.










Sonntag, 12. Januar 2014

"Gute Geister" von Kathryn Stockett




Mit einem unerklärlichem Südstaatentick ausgestattet und nachdem ich letztes Jahr mit großer Begeisterung "Gone with the Wind" gelesen habe, musste ich früher oder später natürlich auch "Gute Geister" (im engl. Original: "The Help") lesen.
"Vom Winde verweht" wird in "Gute Geister" öfters erwähnt - es ist quasi das Negativ von dem sich "Gute Geister" abheben will. Das "Vom Winde verweht" voller verklärender Romantik der eigenen Geschichte gegenüber ist, möchte ich  gar nicht bestreiten. Aber als aufmerksame Leserin wird einem der innwohnende Rassismus der damaligen Gesellschaft kaum entgehen. Es stimmt, dass Scarletts heißgeliebte "Mammy" nicht nach ihrer Meinung gefragt wurde; es ist kein Buch, dass die Sklaverei aus der Sicht der Betroffenen zeigt. Aber es zeigt die Täter (wenn auch von der Autorin ungewollt) sehr wohl; vielleicht nicht die offen brutalen Sklavenhalter, aber die "netten", die das System genauso mitgetragen und mitgestaltet haben. Kathryn Stockett will also nun in ihrem Buch den schwarzen Haushaltshilfen eine Stimme geben.

"And," I felt compelled to continue, "everyone knows how we white people feel, the glorified Mummy figure who dedicates her whole life to a white family. Margaret Mitchell covered that. But no one ever asked Mammy how she felt about it."
(Miss Skeeter zu Elaine Stein)



Die Geschichte spielt in Jackson, Missisippi in den Jahren der Bürgerrechtsbewegung. Schwarze müssen getrennte Toiletten, getrennte Eingänge und eigene Bibliothekten benützen. Schwarze Frauen arbeiten als Dienstmädchen für weiße Familien und ziehen ihre Kinder groß, dürfen aber nicht am selben Tisch essen wie ihre Arbeitgeber. Es wird aus drei Perspektiven erzählt -  da sind die schwarzen Haushaltshilfen Abileen und Minnie und "the white lady" Miss Skeeter. Miss Skeeter will Journalistin werden und nachdem sie in New York zu einem Verlag Kontakt aufnimmt, entsteht die Idee eine Sammlung von Interviews mit schwarzen Haushaltshilfen über ihr Leben und ihre Arbeit zu machen. Sie findet eine Verbündete in Abileen, doch die Arbeit an dem Buch gestaltet sich schwierig. Groß sind die Grenzen, die es zu überwinden gilt und groß sind auch die Gefahren.

Die Autorin des Buches, Kathryn Stockett, ist weiß und aus Missisippi. Man braucht das Nachwort im Buch eigentlich nicht lesen, um zu realisieren, dass sie sich mit der Figur von Miss Skeeter selbst beschreibt; aber das Nachwort hilft das Buch als das anzunehmen, was es sein will.
Denn die große Frage ist, inwieweit kann eine Weiße heute aus der Perspektive von schwarzen Angestellten in den 60ern schreiben? Wie weit kann man sich wirklich in eine Situation versetzen, die man selbst nie erlebt hat und so auch hoffentlich nie erleben wird? Wie kann man die Stimme der Opfer annehmen, wenn man eigentlich zu den Tätern gehört? In einem Abschnitt des Buches heißt es:

"White people been representing colored opinions since the beginning a time."

Passiert das nicht auch hier? Darf man das? Ich habe dazu noch immer keine abgeschlossene Meinung... Denke ich (zum Beispiel), dass eine weibliche Autorin nicht aus der Perspektive eines männlichen Protagonisten schreiben darf? Eigentlich nicht. Denke ich, dass ein Mann einen feministischen Roman aus der Sicht einer Frau schreiben kann? Vielleicht, aber ich stelle es mir schwierig vor. Möchte ich, dass fiktiver Literatur Fesseln einer bestimmten Perspektive auferlegt wird? Sicher nicht! Wäre es besser gewesen Kathryn Stockett hätte von Abileen und Minnie aus der Perspektive von Miss Skeeter erzählt? Ich weiß es nicht. Kathryn Stockett selbst schreibt, dass sie selbst nicht rechtzeitig daran gedacht hat ihre "Mammy" Demetrie nach ihrer Meinung zu fragen und dass sie mit ihrem Buch eine Annäherung, ein Verstehen versucht:

"What I'm sure about is this: I don't presume  to think that I know what it really felt to be a black woman in Mississippi, especially in the 1960s. I don't think it is something any white woman on the other end of a black woman's paycheck could ever truly understand. But trying to understand is vital to our humanity."
(Kathryn Stockett im Nachwort zu "The Help")

Abgesehen davon liest sich das Buch schnell und man fühlt mit Abileen, Minnie und Miss Skeeter. Die Charaktere selbst sind etwas flach, wie von der Stange. Man hat die gutherzige Abileen und die zornige Minnie. Es sind also die grundsätzlich möglichen/vorstellbaren Gefühlswelten abgedeckt. Von den anderen interviewten Haushaltshilfen erfährt man wenig. Einen etwas größeren Auftritt bekommt noch Gretchen, die Miss Skeeter vorwirft, dass sie nur eine weitere Weiße ist, die von den Schwarzen profitieren will. Die weinerliche Verletztheit von Miss Skeeter und die Empörung von Abileen nach Gretchens Auftritt, sind allerdings etwas schwer verdaulich.
Im englischen Original haben Abileen und Minnie einen augeprägten Dialekt, während alle Weißen perfektes Englisch sprechen. Ein Detail, dass sicher zur "Authentizität" beitragen soll, aber zumindest bei Miss Celia etwas ins Stolpern gerät - Miss Celia wird als "white trash" mit einem tiefen Südstaaten Slang beschrieben - in der direkten Rede jedoch merkt man davon bei ihr aber nichts.
Miss Skeeter ist wahrscheinlich der am besten ausgearbeitete Charakter, was aufgrund der autobiographischen Züge nicht verwundert. An ihr wird auch deutlich gezeigt, wie leicht sie Teil dieses Systems werden hätte können und dass uns oft nur kleine Abweichungen und Zufälle davor retten, den bequemen Weg zu gehen.

Im klassischen 5-Sterne System habe ich dem Buch vier gegeben, was vielleicht verwundert. Aber trotzdem alle meine Zweifel bestehen bleiben, sind sie erst beim späteren Nachdenken verstärkt in den Vordergrund getreten. Beim Lesen selbst konnte ich mich voll auf die Geschichte einlassen und  das Buch kaum aus der Hand legen. Ich hoffe aber bald Susan Tucker's "Telling Memories among Southern Women" habhaft zu werden - ein Buch mit 42 Interviews mit schwarzen und weißen Frauen, das auch Kathryn Stockett für ihr Werk gelesen hat.





Martin Luther King - "I have a dream" Speech - 28. August, 1963




Montag, 14. Oktober 2013

Cross Stitch (Outlander 1) von Diana Gabaldon


deutsch: Feuer und Stein



Also nein. Das war wohl wirklich nichts. Leider ist die Warnung der lieben Papyrus zu spät gekommen - da hatte ich das Buch schon durch. Irgendwie konnte ich es dann doch nicht weglegen, immer in der Hoffnung, dass mich dann doch die Spannung packt oder ich zumindest verstehe was für eine Geschichte die Autorin erzählen will. Aber von vorne....

Es ist kurz nach dem zweiten Weltkrieg und Claire (von Beruf Krankenschwester) macht mit ihrem Mann Frank Urlaub in Schottland (beziehungsweise forscht ihr Mann dort nach seinen Ahnen, was sich später noch als praktisch heraustellen wird). Jedenfalls purzelt die gute Claire durch ein Zeitportal und findet sich im Jahr 1743 wieder, mitten im Kampfgetümmel von schottischen Rebellen gegen englische Soldaten.
Claire wird dann von eben diesen schottischen Rebellen entführt, erwirbt sich aber aufgrund ihrer Heilkünste schon bald den Respekt der Highlander. Um sie zu schützen, wird sie "gezwungen" einen jungen, reschen Schotten namens Jamie zu heiraten (und auch die Ehe zu vollziehen. Daran führt kein Weg vorbei). Beide haben einen gemeinsamen Feind - einen englischen Komandanten namens Randall: Sadist und Vorfahre ihres Mannes. Es beginnt nun ein abenteuerliches sich in Gefahr begeben und gerettet werden und Claire muss sich zwischen ihrem Mann (in der Zukunft) und dem schönen Schotten entscheiden.



Ich habe zwei große Probleme mit dem Buch: es entsteht für mich kein Spannungsbogen und die Art der Liebesgeschichte zwischen Jamie und Claire interessiert mich so eigentlich nicht.

Eigentlich sollte ich an diesem Punkt vor "Spoilern" warnen, aber das gestaltet sich für mich etwas schwierig, da es irgendwie  für mich an einer auf einen Höhepunkt zulaufende Handlung mangelt.
Es fängt eigentlich nicht unspannend an: Claire fällt durch das Portal und muss sich in ihrer neuen Situation zurechtfinden. Das gelingt ihr sehr souverän (gähn). Im nächsten Schritt heiratet sie Jamie. All das passiert ziemlich am Anfang des Buches. Dazwischen wird langatmig Alltag und dann vor allem Sexzenen beschrieben. Außerdem bringt sich Claire mehrmals in Gefahr und wird gerettet.  Und das sie gerettet wird stand für mich  immer außer Zweifel... ich konnte einfach nicht mitfiebern. Ich muss auch zugeben, dass ich teilweise quergelesen und ganze Seiten übersprungen habe, weil Diana Gabaldon etwas zu sehr in ihr ausführliches Beschreibungstalent verliebt ist. Aber ich konnte auch nicht aufhören zu lesen, weil ich irgendwie auf einen "Aha-Moment" gewartet habe. Was wollen diese Figuren eigentlich? Aber als Fazit kann ich sagen, dass Gabaldon hauptsächlich eine sexuell aufgeladenen Ehe beschreibt, die durch gegenseitiges Retten noch sexueller wird. Claire und Jamie mögen sich genügen, aber mir haben sie nicht gereicht.

Zur Liebesgeschichte: Ich bin ja im Herzen eine große Romantikerin, aber die hier beschriebene Beziehung langweilt mich einfach beziehungsweise bin ich dafür einfach zu alt (?). Mich erinnert das alles zu sehr an Teenager-Tagträume: man selbst ist um einges hübscher (eigentlich begehren einen alle)  und souveräner als in der Realität erlaubt ist und hat einen gekonnten Auftritt nach dem anderen und DER Schwarm, den alle wollen, verzehrt sich eigentlich nur nach mir. Und zwar von Anfang an, bevor mir selbst überhaupt klar ist, wie toll ich ihn finde.
Der Beweis  (und eigentlich auch das Fundament) für diese großartige Liebe ist hier Sex - Claire wird begehrt und genommen, immer und immer wieder. Und großartiges und absurdes Detail ist auch, dass Jamie Jungfrau ist. Keine früheren Frauen, auf die man eifersüchtig sein müsste. Trotzdem ist er natürlich ein Naturtalent im Bett, was aber auch an Claire liegen kann - schließlich wird schon am Anfang des Buches festgestellt, dass Bettakrobatik und sexuelle Anziehungskraft ihr Ding ist.
Ach, wir armen Menschlein, die wir uns bei unseren ersten Versuchen etwas unsicher und tollpatschig angestellt haben und den Partner oder die Partnerin erst kennenlernen mussten. Andere können es einfach  und so erkennt man auch wahre Liebe. Und die "tiefsinnigen" Gespräche, die die beiden führen - zum Haareraufen. So brutal Jamies Leben auch bisher war, für einen 23jährigen ist er ganz schön reflektiert und mit seinen Emotionen im Reinen. Hut ab!


               ............................falls jemand das Buch noch lesen möchte, hier folgen "Spoiler".........................

Hat jemand übrigens vergessen, dass Claire in der Zukunft/Gegenwart verheiratet war? Und ihren Mann ja anscheinden auch geliebt hat, aber als sie die Möglichkeit hat, in ihre Zeit zurück zu kehren, entscheidet sie sich für Jamie. Natürlich hat sie deswegen hin und wieder Gewissenbisse, besonders am Anfang, wo sich die Frage stellt ob sie mit Jamie schlafen soll, obwohl sie ja eigentlich mit einem anderen verheiratet ist. Aber Hallelujah - Claire soll am Ende dieses Bandes Absolution finden. Obwohl sie eigentlich keine religiöse Erziehung erfahren hat und nach eigenen Worten keinem Glauben anhängt, findet sie ihre Erlösung bei einem katholischen Priester, der ihr die Beichte abnimmt. Er steht Zeitreisen durchaus aufgeschlossen gegenüber, den Gottes Wege sind wunderbar und Claire wird schon hier richtig sein. Sie soll sich ihrem Schicksal fügen und alles ist gut. Eine der wenigen interessanten emotionalen Konflikte der Geschichte wurde hier einfach mal glatt gebügelt.


Und dann gibt es da noch ein, zwei Sachen die mir sauer aufstossen sind...


Vergewaltigung: Es gibt da zum Beispiel Jamies Schwester, die, als Jamie zum ersten Mal von Nemesis Randall gefangen genommen wird, von eben diesem vergewaltigt wird. Sie bietet sich Randall an, um Jamies Leben zu retten und so weit Jamie weiß, hat sie von dieser Vergewaltigung ein Kind bekommen. Deswegen kann unser schottischer Recke (unter anderem) nicht auf seinen Besitz - er kann mit der Schande (!) seiner Schwester nicht leben. Aber als Jamie dann auf seine Schwester trifft, klärt sich alles auf - der böse Randall wurde im rechten Moment von seiner Männlichkeit verlassen und die Vergewaltigung fand nie statt. Jamie kann seiner Schwester wieder in die Augen sehen ohne sich für sie in Grund und Boden zu genieren.
Preiset den Herren und die einfachen Lösungen von Diana Gabaldon. Während es durchaus glaubwürdig ist, dass ein Mann sich für die vergewaltigte Schwester schämt, speziell in dieser Zeit, wäre es durchaus interessanter gewesen zu lesen, wie Jamie dieses Gefühl überwindet und nicht dem Opfer für das Verbrechen die Schuld gibt. Es wäre ja spannend zu wissen, was Jamie gemacht hätte. wäre Claire vergewaltigt worden. Hätte er sie dann verlassen?

Prügelstrafe: Diana Gabaldon ist mir etwas zu sehr pro "gerechtes" Prügeln. Man könnte natürlich damit argumentieren, dass sie nur versucht die Zeit realistisch darzustellen, aber dazu argumentiert sie mir hier ein bißchen zu sehr alà 'wenn es sein muss, muss es sein und hilft nur um Vorgefallenes wirklich zu verstehen'. Wo "gerecht" aufhört und sinnlos anfängt, ist aber eben schwer bestimmbar. Jedenfalls muss Jamie deswegen auch mal Clair ordentlich den Hintern versohlen (mit einem Gürtel), weil sie sich seinen Anweisungen widersetzt hat. Er erklärt ihr aber natürlich vorher, warum er das tut und wie richtig das jetzt ist - denn nur so wird sie ihren Fehler wirklich verstehen. Claire ist zwar wenigstens so weit, dass sie ihm droht ihn umzubringen, wenn er sie noch einmal anrührt, aber ansonsten sieht sie ihre gerechte Strafe durchaus ein. Was mir aber an ihrer Stelle viel mehr Sorgen machen würde ist, dass Jamie freimütig zugibt, dass ihn das Hintern versohlen  durchaus erregt hat und er sich zurückhalten musst, nicht gleich nachher über sie herzufallen. Heißt das nicht, dass Jamie etwas nah an der Grenze zum Sadisten steht und dass das ständig beschriebene Liebesspiel vielleicht bald eine etwas schmerzhaftere Wendung nehmen wird? Aber Claire ist nicht beunruihgt, also sind es wir auch nicht. Und wie gesagt: Eine gerechte Prügelstrafe, ist eine gute Form der Disziplinierung. Auch eine interessante Botschaft...


 





Vielleicht das Richtige für Menschen, die sich nach einer Zeit sehnen, als Männer noch richtige Männer waren... stark und ehrenvoll und ihre Liebe war feurig... Ich weiß, dass viele diese Serie wahnsinnig lieben, aber eigentlich kann ich von diesem Buch nur abraten.


-------------------------------------------------

Eine sehr geniale Zusammenfassungen von jemanden namens Holly bei Goodreads... leider schaffe ich es nicht direkt auf ihre Review zu verlinken, nur auf ihr Profil....



Claire: I love my husband! I love sex!
Frank: But it's okay if you have sex with someone else, in certain circumstances.
Standing Stones: SUCK! Ha ha, you're in another time!
The Anti-Frank: Ooooh, I think I will rape you.
Claire: Eeek!
Clansmen: Scots to the rescue! Here, meet Jamie and his manly manhood.
Jamie: Och, aye, I'm a tough laddie. And I'm going to kill the Anti-Frank for beating the shit outta of me and raping my sister.
Claire: Ooooh, he's cute. Hey, wasn't I married?
Dougal: Ye have to marry the laddie to get away from the Anti-Frank.
Claire: Okay.
Dougal: And ye have to have sex wit' him.
Claire: Mmmmm.... but.... well, okay.
Jamie: I'm a virgin. Oooh, but I love sticking my manhood in ye. It's like a sacrament and all.
Claire: I should get back to Frank, I think I will take this opportunity to run away... I guess... sort of... meh.
The Anti-Frank: Ha ha! Found you. Now to rape you!
Jamie: Och, that's my wee lassie. First I'm going to rescue her, then I'm going to beat her for disobeying me. And then I'm going to tell her about how me Da beat me and how much I liked it.
Jealous wench: The village witch is looking for you.
Claire: Okay!
Villagers: She's a witch! Burn her!
Jamie: Over my dead body!
Claire: Honey, I have something to tell you. I'm not a witch but...
Jamie: Ye must go back!
Claire: I can't. I long for your manhood too much. It's a manhood like no other.
The Anti-Frank: I too long for your manhood. I think I will bugger you right after I crush your hand with a hammer. But, I love you. You remind me of my dead brother. Here's some grease.
Jamie: Ouch. Oooh, but that feels sort of good. Och, I'm so ashamed.
Claire: We must rescue Jamie! Send in the cows!
Jamie: OCH! Me hand! Just let me die!
Claire: Never! Let's go to France.
Jamie: Och, aye lassie, I feel much better now.
Father Anselm: God says it's okay that you're a bigamist.
Claire: Awesome. Time to use my foreknowledge of past events for good!
Diana Gabaldon: The sequel will be 900 pages.










Sonntag, 8. September 2013

Vom Winde verweht...

von Margaret Mitchell (1936)



"Some people survive; others don't. What qualities are in those who fight their way through triumphantly that are lacking in those that go under? I only know that survivors used to call that 'gumption'.  So I wrote about people who had gumption and people who didn't."
Margaret Mitchell über "Vom Winde verweht"


Dieses Buch... dieses Buch... dieses Buch (bitte leicht bis stark hyperventilierend lesen, je nach persönlicher Disposition)... Dieses Buch ist schrecklich! Auf eine großartige, fesselnde und faszinierende Art und Weise. Ich hab die letzten zwei Kapitel durch geheult und davor war ich amüsiert bis verärgert bis... Margaret Mitchell hätte es sich so leicht machen können - eine romantische Geschichte vor der Kulisse eines Krieges. Stattdessen ist die Frau einfach schonungslos. Während ich dieses Buch gelesen habe, wollte ich eigentlich ständig darüber reden und war auch kurz versucht mehre Blogposts zu meinen turbulenten Emotionen in die Leere in des Internets zu schmeissen, wovon mich aber meine mangelnde Verbindung zu eben diesem Internet abgehalten hat. Deswegen jetzt ein paar konfuse Gedanken zu diesem 959 Seiten (in meiner Ausgabe) Wälzer in einem undurchdachten Blogpost.



"Vom Winde verweht" spielt in Georgia und beginnt kurz vor dem amerikanischen Bürgerkrieg und endet eine Weile nach der Niederlage der Südstaaten. Es wird eine heile Welt von Plantagenbesitzern vorgestellt, die in einer "natürlichen" sozialen Ordnung einem strengen moralischen Ehrenkodex folgen, der nur wirklich Einheimischen vertändlich ist. Man lernt die verwöhnte und starrköpfige Scarlett O'Hara kennen, eine "southern belle" deren einziges Ziel es ist, möglichst viele Männerherzen zu sammeln und zu brechen ohne dabei viel Rücksicht auf ihre Umwelt zu nehmen.

"Scarlett O'Hara was not beautiful, but men seldom realized it when caught by her charm [...]
The green eyes in the carefully sweet face were turbulent, willful, lusty with life, distinctly at variance with her decorous demeanor. Her manners had been imposed upon her by her mother's gentle admonitions and the sterner discipline of her mammy; her eyes were her own."

Scarlett O'Hara ist eine sehr eigenartige Hauptperson. Wie Margret Mitchell es geschafft hat, so viele Seiten über diesen Charakter zu schreiben und ihr eigentlich nicht eine liebenswerte Eigenschaft zu geben, ist mir ein Rätsel. Hätte ich diese Buch geschrieben, so wäre ich sicher spätestens nach der Hälfte in die Knie gegangen und hätte Scarlett an Krieg und Verwüstung wachsen lassen um ihr dann, nach ein paar Kapitel voll Reue und Einsicht, ein gebührendes Happy End zu beschehren. Stattdessen weicht Mitchell nicht einen Millimeter von Scarletts am Anfang angedeuteten Charakter ab, mit einer Härte die man nur bewundern kann.
Ganz klar: Scarlett ist ein "survivor": Sie packt den Stier bei den Hörnern und sichert sich und anderen ohne Skrupel so das Überleben, wenn auch keinerlei Anerkennung oder Zuneigung. Ihr Motto ist "I won't think about it now" (um so auch später nicht darüber nachzudenken) und ihre Antriebsfeder ist Geld, wobei Geld bei ihr mit Sicherheit gleichzusetzen ist. Als Leserin versteht man, dass sie ein tiefsitzendes Kriegstrauma hat, aber Scarlett selbst ist nicht fähig sich so weit zu erkennen. Sie ist bereit zu lügen und jeglichen Trick anzuwenden um ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. Meist hat man das Gefühl, sie versteht wirklich nicht was Gut, was Böse und vor allem was Selbstlosigkeit ist. Daher konnte ich keine wirkliche Abneigung gegen sie entwickeln - ich konnte bei ihren Liebswirrungen aber auch kein großes Mitgefühl entwickeln, aber sie hat mich oft sprachlos gemacht und ich musste mehrmal meinen gedanklichen Hut vor ihr ziehen, einfach weil sie so ohne jegliche Konventionen ist.

Scarlett und die Liebe ist wieder so eine Sache, die ich in der Art eigentlich noch nie gelesen habe. Sie selbst meint wahnsinnig in AshleyWilkes von der Nachbarplantage verliebt zu sein und das eigentlich nichts anderes zählt als ihre großartige Liebe. Man kann sie dabei aber nur schwer ernst nehmen - schnell merkt man, dass Ashley einfach der Einzige war, der sie jemals zurückgewiesen hat (und nicht sie ihn). Ihre Persönlichkeit lebt auf, wenn sie Macht über andere (im speziellen Männer) hat und Ashley hat sich ihr entzogen bevor sie ihn ganz auf den Knien hatte. Es ist nicht so als wäre Ashley nicht auch zu Scarlett hingezogen, aber er heiratet nach Familienbrauch seine Cousine Melanie. Ashley ist während des ganzen Romans wichtig für Scarletts Motivation, aber eigentlich bleibt er selbst ziemlich farblos, was aber gut zu seiner Rolle paßt. Er beschreibt sich selbst als zu einer untergangengen Welt gehörend (eben den Südstaaten), als nicht überlebensfähig in der neuen Ordnung.

Hier ist die Szene* (die noch vor Kriegsbeginn spielt) in der Ashley Scarlett sagt, dass er Melanie heiraten wird und Scarlett auch das erste Mal auf Rhett Butler trifft...


Eine schöne Überleitung zu der eigentlich spannenderen Konstellation - Scarlett & Rhett.

Ein Liebespaar das irgendwie nie eines ist,  aber eigentlich unbedingt eines sein sollte. Obwohl Scarlett vielleicht daran die größere Schuld trägt, kann man ihr weniger Vorwürfe machen. Denn Scarlett ist nicht die hellst Glühbirne im literarischen Universum - sie sieht nur was genau vor ihrer Nase ist und komplexe zwischenmenschliche Emotionen sind etwas zu viel für ihr Köpfchen. Sie kann nicht zwischen den Zeilen lesen, manchmal fragt man sich ob sie überhaupt lesen kann.
Während Rhett Scarlett wahres Wesen schon sehr früh erkennt und sie genau deswegen liebt (was eventuell auch kein so positives Licht auf ihn wirft). Er ist der geheimnissvolle Rebell und Kriegsgewinnler, gut aussehend und gefährlich, der, ähnlich wie Scarlett, Leute leicht um den Finger wickeln kann, aber im Gegensatz zu ihr sich seiner selbst mehr bewußt ist und hin und wieder doch so etwas wie Gewissen erkennen lässt. Aber entweder ist es sein Stolz oder er hat Scarlett zu sehr durchschaut - jedenfalls ist auch Rhett Butler nicht fähig diese Liebsgeschichte zu einem glücklichen Ende zu führen. Es es ist eine Romanze voller falscher Momente und Mißverständnissen. Jedenfalls haben mich die beiden wirklich zum Weinen gebracht, wobei ich vielleicht mehr für Rhet geweint habe, weil ich mir bis jetzt nicht sicher bin, ob Scarlett sich selbst (und damit mich) wieder einmal hinters Licht geführt hat.

"I love you, Scarlett, because we are so much alike, renegades, both of us, dear, and selfish rascals. Neither of us cares a rap if the whole world goes to pot, so long as we are safe and comfortable."
Rhett zu Scarlett nach der Flucht aus Atlanta

Es gibt in dem Buch noch viele andere spannende und vielschichtige Persönlichkeiten, aber hier einen halbwegs nachvollziebaren Weg zu finden auf diese einzugehen, fällt mir gerade nicht ein und dafür ist hier auch vielleicht zu wenig Platz.
Ich möchte trotzdem noch etwas zu dem Thema Südstaaten und Sklaverei sagen - es gibt Kritik die "Vom Winde verweht..." eine Verharmlosung der Sklaverei und eine Verherrlichung der damaligen Gesellschaft vorwirft und dazu kann ich nur ja und nein sagen, obwohl eher nein. Es ist ein Abgesang auf die ehemalige Welt der Südstaaten, auf die Gentlemen und Ladies und ihre Tugenden. Gleichzeitg wird aber auch gezeigt, wie sehr an einer starren Ordnung festgehalten wird, die unfähig ist sich neuen Lebensumständen anzupassen. Es war eine Gesellschaft die sehr viel aus Gesten und Floskeln bestand und innen schon ausgehöhlt war.

"But, no matter what sight they had seen, what menial tasks they had done and would have to do, they remained ladies and gentlemen, royalty in exile - bitter, aloof, incurious, kind to one another, diamond hard, as bright and brittle as the crystals of the broken chandelier over their heads. The old days had gone but these people would go their ways as if the old days still existed, charming, leisurely, determined not to rush and scramble for pennies as the Yankees did, determined not to part with none of the old ways."

Die Sklavenhaltung wird mit keinem Wort direkt kritisch beschrieben, sondern als unabänderlicher Teil dieser Welt, aber gerade das macht es so spannend - für mich hat es so einen subtilen, innwohnenden Rassismus, der eben so wahnsinnig gefährlich ist. Nicht jeder Sklavenhalter hat seine Sklaven ständig ausgepeitscht, aber natürlich hat er sie als Untermenschen wahrgenommen - im besten Fall wie Kinder, auf die man aufpassen muss. Und das Buch zeigt auch gut, was mit Menschen passiert, die über längeren Zeitraum so behandelt werden  - nach dem Krieg und mit ihrer Befreiung sind viele ehemalige Sklaven verloren und wissen ohne tägliche Anweisungen nichts mit sich anzufangen. Das Buch ist rassistisch, weil die Zeit es war und als aufmerksame Leserin kann man hier viel über gewisse (bekannte) Mechanismen lernen.

Abschließend ist nur zu sagen, dass dieser Roman eine viel ausführlichere Besprechung verdient hätte (und es finden sich auch ein paar wunderbare im Netz), aber mir fällt es wahnsinnig schwer hier auch nur eine kurze und prägnante Inhaltsangabe zu schreiben (mehrer Versuche sind an zu großer Länge gescheitert). Eigentlich würde ich noch gerne so viel zu Melanie Wilkes, Scarletts Eltern und und und.. sagen, aber ich begnüge mich ein paar Schlaglichtern und hoffe, dass ich dieses Buch irgendwann einmal mit anderen lesen werde und wir dann stundenlang darüber sprechen können.






*Verfilmung "Vom Winde verweht..." aus dem Jahr 1939 mit Vivienne Leigh und Clark Gable






























Sonntag, 21. Juli 2013

Brideshead Revisited von Evelyn Waugh



Wiedersehen mit Brideshead...




Selten hat mich ein Buch so verwirrt zurück gelassen wie dieses. Ich habe es in einem Schwung mit großem Vergnügen und Schaudern gelesen, aber ich kann die Frage, worum es in der Geschichte nun eigentlich geht, nicht wirklich beantworten. Ich habe auch etwas halbherzig in den Weiten des Internet gestöbert und die meisten Interpretationen beziehen sich auf die Suche und Umgang mit dem (katholischen) Glauben oder es wird die vermeintlich homosexuelle Liebesgeschichte betont.
Das die christliche Gesinnung in der katholischen Spielart Dreh- und Angelpunkt ist, wird eigentlich durch Evelyn Waughn selbst bestätigt, hat er sich doch in diesem Sinn zu seinem Werk geäußert und schließlich ist er selbst zum Katholizismus konvertiert. Falls er aber ein positives Plädoyer schreiben wollte, dann ist das bei mir sehr daneben gegangen. Am ehesten sehe ich hier noch das Protrait einer Familie, die durch die lange Tradition und Erziehung im katholischen Glauben in Verbindung mit dem typisch erscheinenden Gebaren der adeligen Oberschicht, langsam aber sicher zerbricht und in sich erstarrt.



Das Buch erzählt die Geschichte der adeligen Familie Marchmain aus den Augen des Erzählers Charles Ryder, über den man, obwohl Hauptprotagonist, hauptsächlich etwas in Verbindung mit den Marchmains erfährt.
Charles lernt den jüngeren Sohn der Familie - Lord Sebastian Flyte- in seinem ersten Jahr an der Universität in Oxford kennen und verbringt mit ihm und seinen exzentrischen Freunden eine wundervolle Zeit. Er liebt Sebastian (ob platonisch oder nicht sei hier dahin gestellt), wundert sich aber immer darüber, dass er  kaum etwas über seine Familie erzählt und auch ganz offensichtlich versucht jeglichen Kontakt zu vermeiden. Von großer Bedeutung ist, dass Sebastians Familie katholisch ist und sich Lord Marchmain von seiner Frau getrennt hat und mit seiner Geliebten in Italien lebt. Lady Marchmain wiederum scheint eine Art Heilige zu sein, die mit großem Einfluß und Unfehlbarkeit über ihre Familie wacht.

'Yes, but it's all the bother - mummy and Bridey and all the family and the dons. I'd sooner go to prison. If I just slip away abroad they can't get me back, can they? That's what people do when the police are after them. I know mummy will make it seem she has to bear the whole brunt of the business.'
(Sebastian zu Charles, nachdem sie nach einer Sauftour, betrunken mit Prostituierten von der Polizei aufgegriffen wurden) 

Charles lernt dann doch Sebastians Familie kennen und kann sich vor allem der Mutter nicht entziehen. Währendessen entgleitet Sebastian aber immer mehr und ergibt sich ganz seinem schon früher angedeuteten Alkoholismus, der sich nun nicht mehr verbergen lässt. Lady Marchmain entwirft einen Plan, wie Sebastian wieder unter Kontrolle zu bekommen ist und will dabei auch Charles Hilfe, die er ihr aber verweigert. Es kommt zum unweigerlichem Bruch mit Sebastian und seiner Familie.

Nachdem Charles sich als Architekturmaler etabliert hat, heiratet er und bekommt zwei Kinder. Nach einem längeren Forschungsaufenthalt, tritt er mit seiner Frau (die extra angereist ist) die Schifffahrt nach Europa an. Auf demselben Schiff befindet sich auch Julia, Sebastians Schwester, die sich in Trennung von ihrem Ehemann befindet. Ein Sturm bringt die beiden näher zusammen und sie verlieben sich ineinander. Beide wollen sich scheiden lassen um dann einander zu heiraten. Nachdem aber Lord Marchmain aufgrund schwerer Krankheit nach England zurückkehrt und am Totenbett wieder zu seinem katholischen Glauben findet, wird auch Julia in eine tiefe Sinnkrise gestürzt. Sie fühlt sich von ihrem Glauben bestimmt und denkt nicht, dass sie ein Leben als wiederverheiratete Geschiedene führen kann und verlässt Charles.
Das Schicksal vom familiären Glauben nicht loszukommen scheint der ganzen Familie bestimmt zu sein: Sebsastian, durch seine Trunksucht im Sterben liegend, hat Zuflucht in einem Kloster gefundenen und die jüngere Schwester geht vollkommen in der Ausübung christlicher Nächstenliebe auf. Das Buch beginnt und endet im Frühjahr 1943 (oder 1944) - Charles ist bei der Armee beschäftigt und findet sich plötzlich am Familiensitz der Marchmain - Brideshead - wieder, welches für militärische Zwecke genützt wird. Zum Abschluss besucht er die dazugehörige Kapelle um dort zu beten.

'There was one part of the house I had not yet visited, and I went there now. The chapel showed no ill effects of its long negelects; the art-nouveau paint was as fresh and bright as ever; the art-nouveau lamp burned once more before the altar. I said a prayer, an ancient, newly-learned form of words, and left, turning towards the camp...'

Wie bereits angeprochen, fällt es mir schwer hier das große Thema anzusprechen. Der Roman hat bei mir hauptsächlich ein Gefühl ausgelöst beziehungsweise hinterlassen, welches ich nicht richtig benennen kann. Anstatt hier also ein Großes und Ganzes zu präsentieren, kann ich  nur mit Einzelteilen aufwarten, die vielleicht keine Summe ergeben.

Zu allererst: es ist streckenweise ein sehr lustiges Buch, speziell am Anfang. Die ersten Begegnungen zwischen Sebastian und Charles sind exzentrisch und komisch. Die Unterhaltungen zwischen Charles und seinem Vater (als Charles eher unfreiwillig in den Ferien etwas Zeit bei ihm verbringt) haben mich laut zum Lachen gebraucht.
Charles selbst hat mich immer mehr kalt gelassen, was aber auch irgendwie mit seiner Entwicklung korespondiert. Ich mochte Charles zu Beginn aufgrund seiner großen Zuneigung zu Sebastian. Er wollte Zeit mit ihm verbringen und Teil seines Lebens sein. Er war verletzt, wenn Sebastian ihn ausschloß. Das ließ Charles selbst liebenswerter sein. Im Lauf der Geschichte, nachdem Sebastian die Bühne verlassen hatte, war Charles aber eigentlich immer kühler ohne Bezug zu einer anderen Person. Auch seine Liebe zu Julia wirkte nicht so intensiv wie die zu Sebastian (auch wenn er beide immer wieder miteinander vergleicht).
Die Gefühlskälte in diesem Roman war für mich überhaupt sagenhaft. Sebastian ist zum Beispiel eine Figur für die ich die ganze Zeit stark mitgefühlt habe. An irgendetwas zerbricht dieses aristokratische Geschöpf, sei es an seinem katholischen Glauben oder seiner Familie oder an beidem zusammen. Seine Flucht in den Alkohol wird von seiner Familie erst als ein Problem anerkannt, als es zu "Peinlichkeiten" kommt. Sebastian muss irgendwie unter Kontrolle bekommen werden und dafür wird ein Babysitter engagiert, der auf ihn aufpassen soll. Damit hat man das Ganze dann erledigt. Die Distanziertheit und das egoistische Interesse, das einem da in den Dialogen entgegenschlägt ist eines der großartigsten und widerlichsten Dinge, die ich je gelesen habe.
Deswegen verstehe ich das katholische Thema des Romans nicht. Es ist anzunehmen, dass Evelyn Waugh aufgrund seines persönlichen Bekenntnis, ein postives Bild dieser Glaubenspielart darstellen wollte. Aber die Religion wirkt hier nicht wie eine Stütze, sondern wie eine Art Auflage, die erfüllt werden muss und man versucht sich zu befreien, kämpft dagegen an, kehrt aber am Schluß wieder in den Mutterschoß der katholischen Kirche zurück - weil man ist, was man ist. Deswegen wird nicht unebdingt das eigene Leben schöner oder man selbst zum besseren Menschen, aber die Regeln müssen befolgt werden. Es ist etwas für Außentehende Unbegreifliches, ein Kodex, dem man sich fügen muss.

Trotz all dieser Fragezeichen und Leerstellen war "Brideshead Revisited" ein großartiges Buch. Warum genau, weiß ich leider nicht.



Evelyn Waugh, Brideshead Revisited, erstmals 1945 erschienen












































Sonntag, 2. Juni 2013

Gefährliche Geliebte von Haruki Murakami



"Gefährliche Geliebte" also und nicht "Kafka am Strand"... man kann nicht jeden Trend mitmachen. Ich war einfach auf den Schriftsteller neugierig und "Gefährliche Geliebte" war ein ziemliches Schnäppchen.

Das Buch lässt mich etwas zwiespältig zurück. Wenn ich animierte Sterne verteilen könnte, wären es drei Sterne und ein vierter der in unregelmässigen Abständen  aufblinkt (und ich gehe jetzt mal von dem kulturellen Einverständnis aus, dass wir alle mit dem fünf Sterne System bekannt sind). Man sollte übrigens meinen Text nicht lesen, wenn man Angst vor "Spoilern" hat. Es ist keine Geschichte in der wahnsinnig viel Handlung passiert und es gestaltet sich schwierig, nicht fast eine komplette Zusammenfassung zu geben. Aber das Ende verrate ich natürlich nicht...

Haruki Murakami ist ein sehr erfolgreicher, japanischer Schriftsteller, der oft mit europäischen und amerikanischen Schriftstellergrößen wie Stephen King und Franz Kafka verglichen wird. Mir persönlich erscheinen diese Vergleiche insofern logisch, als mir der Schreibstil und das Thema sehr "westlich" vorgekommen sind. Ich hoffe, ich werde hier nicht mißverstanden, aber oft merkt man an Sprache (trotz Übersetzung) und Themenwahl einen Kulturkreis, wie zum Beispiel bei lateinamerikanischen Autoren (haha... ich bin eine totale Expertin für diesen Raum, weil ich nämlich Gabriel García Márquez gelesen habe...). Mit westlicher Themenwahl meine ich hier an dieser Stelle, die Suche nach dem eigenen, persönlichen Glück, das am besten von außen geliefert werden soll. Vielleicht eine etwas vereinfachte Sichtweise.




Erzählt wird die Geschicht von Hajime, einem Mann ohne rechten Antrieb. Obwohl er jetzt Ende Dreißig Dank eines reichen Schwiegervaters relativ erfolgreich ist, mit zwei Jazzbars und einer liebevollen Ehefrau und zwei Kindern, ist das einzige was von ihm mit Bedeutung aufgeladen wird, eine ehemalige Kinderfreundschaft. Nur damals mit Shimamoto fühlte er sich verstanden und nachdem er sie aus den Augen verloren hatte, kann er diese Leere nicht mehr füllen. Doch plötzlich taucht sie in seiner Bar auf - wunderschön, geheimnisvoll und von einer unabwendbaren Anziehung, die Hajimes wohlgeordnetes Leben auf den Kopf stellt.



Während des Lesens hat mir vor allem der flüssige und gekonnte Schreibstil gefallen. Man wird sofort in die Geschichte gezogen und später rettet dieser über den etwas (für mich) langweiligen Mittelteil. Ich muss zugeben, dass der Beginn wirklich gut gelungen ist und ich mich von der Beschreibung der Freundschaft zwischen Shimamoto und Hajime kaum losreissen konnte, obwohl kaum etwas passiert. Das einzige was mich manchmal etwas irritiert schmunzeln ließ, war, dass Hajime etwas arg komplexe Gedanken für einen Elfjähirgen hat. Nachdem aber Hajime dann ohne Shimamoto ist, fängt er aber an mich etwas zu nerven. Er hat keine recht Motivation, seine Gedanken laufen im Kreis hauptsächlich um Shimamoto, die wie ein alles heilbringender Messias der Vergangenheit über seinem Leben schwebt.
Im dritten Akt des Dramas tritt dann Shimamoto wieder in Hajimes Leben und gesteht, dass auch sie ihn ebenso vermißt hat, wie er sie. Das ist aber auch alles was man über sie erfährt - außer natürlich das sie wunderschön und anscheinend sehr reich ist. Ich muss sagen, dass ich an diesem Punkt beim Lesen schon mehr als ungeduldig war, weil ich mit einem sehr voraussehbaren Ende gerechnet habe, aber hier hat mich Haruki Murakami dann mit seiner Auflösung der Geschichte positiv überrascht.

Mein Problem mit dem Roman ist, dass Hajime ohne sein ständiges Sehnen nach der unerreichbaren Shimamoto komplett zweidimensional und langweilig ist. Er besteht nur daraus und baut zu anderen Menschen keine Beziehung auf und daher erfährt man auch als Leserin nichts von seinem Umfeld. Seine Frau zum Beispiel bleibt bis auf einen dramatischen Umstand ihrer Vergangenheit eine große Unbekannte, obwohl sie dann im Abschluß des Buches noch einmal in Fleisch und Tränen ihren Platz einnimmt. Shimamoto ist hauptsächlich dramatisch und undurchschaubar. Es wird nicht klar warum sie handelt, wie sie handelt. Sie und andere ins Leere verlaufende Umstände sind wahrscheinlich die "kafkaesken Elemente".  Dafür reicht es aber nicht, einfach unerklärliche Personen nach Belieben auf- und abtreten zu lassen. Kafka ist für mich ein sehr emotional; seine Bücher haben bei mir immer eine gewissen Stimmung ausgelöst und Beklemmungen verursacht. Shimamoto wirkt auf mich einfach lächerlich dramatisch.

Für mich schweben hier die einzelnen Personen etwas zu losgelöst voneinander herum und dadurch fühlt man auch mit Hajime kaum mit, wenn er unter dem "Verlust des geliebten Menschen leidet".  Diese Buch war schön zu lesen, ohne das mich der Inhalt wahnsinnig berührt hätte - so eigenartig das vielleicht klingt. Aber ich freue mich schon drauf, eine Geschichte von diesem Autor zu lesen, wo sein flüssiger Schreibstil dasselbe oder ein ähnliches Thema etwas anders angeht.


























Montag, 11. März 2013

"Die Frau des Zeitreisenden" von Audrey Niffenegger




vintage-books (2005)
 "The Time Traveller's Wife" ist grundsätzlich und vor allem eine Liebesgeschichte: Der einzigartigen und großartigen Liebesgeschichte zwischen Henry und Claire, die allein durch Henrys Fähigkeit zur Zeitreise überschattet beziehungsweise noch spezieller gemacht wird. Es handelt sich dabei allerdings weniger um eine Fähigkeit als um eine Krankheit - epileptischen Anfällen gleich wird Henry unvorgesehen durch die Zeit geschleudert, ohne auf Zeit/Ort/Dauer Einfluß nehmen zu können. Anscheinend ist ein Gendeffekt dafür verantwortlich. Es werden hier aber nicht die üblichen Fragen von Zeitreisen diskutiert, sondern dieser wundersame Umstand ist die Rahmenbedingung.

Claire lernt den schon erwachsenen Henry schon als Kind kennen (in Normalzeit ist Henry acht Jahre älter als Claire), während er ihr zum ersten Mal in ihren und seinen Zwanzigern begegnet. Das mag konfus erscheinen, aber eines der großen Kunststücke von Audrey Niffenegger ist es, die Geschichte ohne größere Verwirrungen für die Leserin (also mich) zu erzählen und das obwohl man von Anfang an mitten in die Geschichte gestossen wird. Abwechselnd wird aus Claires oder Henrys Perspektive erzählt um langsam ein Großes und Ganzes entstehen zu lassen.

Aber trotz der originellen Idee und der klaren Beherrschung der Erzähltechnik, hat mich der Roman kalt gelassen. Die Liebe zwischen Henry und Claire war seltsam platt - nachdem sie sich dann in Echtzeit getroffen haben, scheint es überhaupt keine Weiterentwicklung zu geben. Sie lieben sich dann einfach (sofort), weil sie ja sowieso wissen, dass sie heiraten werden. Claire stellt sich nie die Frage, wie sie sich entwickelt hätte, wenn Henry ihr nicht schon als Kind erschienen wäre (und sie dadurch stark in ihrer Entwicklung beeinflusst hat). Nie fühlt sich einer der beiden von dieser entsetzlichen Vorherbestimmung auch nur im geringsten bedrängt. Es entwickeln sich auch keine Schwierigkeiten daraus, dass sie eigentlich nie gemeinsam etwas zum ersten Mal erleben (sondern fast immer zeitversetzt). Niffenegger ist so damit beschäfitgt zu beschreiben was sie tun und wie sie es tun (endloses Kaffe kochen und trinken zum Beispiel), dass kaum etwas für "was sie dabei fühlen" übrig bleibt.

... I walk right through to the back window, peer out the backyard, and there's my future studio, and there's the grape arbor and as I turn around Carol looks at me inquisitively and I say, "We'll buy it."
She is more than a bit surprised. "Don't you want to see the rest of the house? What about your husband?"
"Oh, he's already seen it. But yeah, sure, let's see the house." 

 Wäre da nicht Henrys Zeitproblem, müsste man wirklich kein Buch über die beiden schreiben. Beide sind enorm attraktiv und begehrenswert, Claire ist bildende Künstlerin und Henry extrem belesen (er zitiert Rilke) und musikalisch am Puls der Zeit (er war ein Punk... und zwar ein richtiger Punk, ok?), sexuell sind sie übermässig aktiv (das scheint dann auch die Basis für ihre Liebe zu sein) und Geldsorgen gibt es dank Zeitreisen auch keine (mal abgesehen davon, schafft es Henry trotz ständig unerklärter Abwesenheit seinen Job zu behalten)...

And this astoundingly beautiful amber-haired tall slim girl turns around and looks at me as though I am her personal Jesus. My stomach lurches. Obviously she knows me, and I don't know her. Lord only knows what I have said, done, or promised to this luminous creature... (Henry über Claire)

Die Nebenfiguren sind eigentlich spannender als Claire und Henry. Da ist die verzweifelte und selbstzerstörrerische Exfreundin von Henry, die über ihre Trennung nicht hinweg kommt (es ist nicht ganz klar, ob Ingrid sowieso schon gestört war oder ob Henry da seinen Teil dazu beigetragen hat...). Oder die besten Freunde: Gomez und Charisse. Gomez ist eigentlich unsterblich in Claire verliebt und wartet nur darauf, dass Henry entgültig verschwindet. Um die Zeit zu füllen heiratet er trotzdem mal Charisse (die sich seiner Claire Leidenschaft anscheinend bewusst ist) und bekommt mit ihr drei Kinder. Audrey Niffenegger geht ziemlich herzlos mit ihren Nebenfiguren um (die aber ohnehin wenig Platz in ihrem Roman haben) und schafft dabei mehr oder weniger unsympathische Hauptfiguren (wahrscheinlich noch ein Grund warum mich ihre Liebesgeschichte so wenig interessiert).

Jedenfalls haben es weder die fantastischen, noch die realistischen Tiefpunkte des Wunderpärchens es geschafft, mich irgendwie für sie und ihre Liebe einzunehmen. Für mich fehlen einfach grundsätzliche Menschlichkeiten; es gibt keine wirklichen Ungewissheiten und keine Erschrecken vor der Gewissheit. Zusätzlich war so vieles  unnötig in die Länge gezogen (um dann trotzdem an der Oberfläche zu bleiben - es gibt endlose Beschreibungen von Mahlzeiten und ständige Wichtigtuerei durch Erwähnung von klassischer Musik, Literatur und Kunst). 200 Seiten weniger hätten dem Buch nicht geschadet.
Wahrscheinlich sollte man über Geschichten zu denen man keinen Zugang gefunden hat, einfach schweigen. Aber ich kann einfach manchmal nicht an mich halten, speziell da diese Buch anscheinend so viele begeistert und mir von vertrauenswürdigen Menschen empfohlen wurde. Und wahrscheinlich bin ich einfach sauer, weil ein Buch mit so guten Zutaten (zumindest für mich) einfach so langweilig geworden ist. Ja, manchmal bin ich so kindisch.



Audrey Niffenegger, The Time Traveller's Wife, 2004

Audrey Niffenegger, Die Frau des Zeitreisenden, 2005










Freitag, 22. Februar 2013

Atemschaukel





Der Hungerengel sagte: Speichel macht die Suppe länger, und früh Schlafengehen macht den Hunger kürzer. 




Atemschaukel ist der erste Roman von Herta Müller, den ich gelesen habe, aber sicher nicht der letzte. 2009 erschienen, erhielt sie im selben Jahr den Nobelpreis für Literatur für das Werk. Daher kann man sich vorstellen, dass man von vielen Seiten nachlesen kann, wie überwältigend dieser Roman ist. Einer Meinung der ich mich nur anschliessen kann.








Der Ich - Erzähler Leopold Auberg wird 1945 von Rumänien in ein Arbeitslager in die Ukraine deportiert. Fünf Jahre wird Leo dortbleiben und vor allem aus Hunger bestehen. Es ist Lageralltag durch das Brennglas. Das eigentlich Unbeschreibliche wird in einer eindringlichen Sprache erzählt,  mit spitzen Sätzen und Poesie. Beim Lesen ist klar, dass man am Rand steht und von etwas Ahnung bekommt... eine Ahnung von Untiefen, die man eigentlich gar nicht so unbedingt kennen möchte, aber einmal erahnt, kann man sich nicht mehr entziehen. Man muss damit kämpfen und dem Text seine gesamte Ausmerksamkeit schenken und zwar unbedingt.

Manchmal kriegen die Dinge eine Zartheit, eine monströse, die man von ihnen nicht erwartet. 


Nachdem Rumänien 1944 vor der Roten Armee kaptulierte und dem bisher Verbündeten Deutschland den Krieg erklärte, verlangte die Sowetunion von Rumänien sämtliche Deutsche (Männer und Frauen) zwischen 17 und 45 Jahren zur Zwangsarbeit auszuliefern. Es handelte sich dabei um "Reparationsleistung in Menschenform" zum Wiederaufbau der kriegszerstörten Gebiete. Auch die Mutter von Herta Müller war fünf Jahre in einem Arbeitslager.
2001 begann Herta Müller Gespräche mit ehemaligen Deportietren aus ihrem Dorf ausfzuzeichnen. Mit dem Lyriker Oskar Pastior traf sie sich regelmässig und er erzählte ihr von seinen Erfahrungen im Lager. Es entstand der Plan das Buch gemeinsam zu schreiben, aber nach dem plötzlichen Tod von Pastior 2006, schrieb Herta Müller den Roman allein.




Herta Müller, Atemschaukel, 2009, Fischer Verlag, ISBN  978-3-596-18750-8
Umschlaggestaltung Gundula Hißman/ Andreas Heilmannn, Hamburg
Foto: Boris Schwesnikow © Internationale Gesellschaft für historische Aufklärung, Menschenrechte und soziale Fürsorge MEMORIAL, Moskau  



Donnerstag, 7. Februar 2013

Die Bestie im Menschen von Emile Zola





Oder auch bekannt als "Das Tier im Menschen". Mir fiel das Buch beim Stöbern durch mein "Kindle Kaufhaus" wegen des schönen Titels auf und nachdem es kostenlos war, gabs kein Halten mehr.
Das mit dem kostenlos mag vielleicht armselig klingen, aber so ist das nun mal und so liest man mehr Klassiker als man sich jemals gedacht hätte.



Ich habe das Buch also unvorbereitet gelesen, aber mich inzwischen bei Wikipedia etwas schlau gemacht. In dieser Reihenfolge ist es mir lieber. Jedenfalls ist "Die Bestie im Menschen" (im Original "La bête humaine") 1890 erschienen und war Teil des Zyklus Rougon-Macquart. Mit diesem Zyklus wollte Zola Schicksale abhängig von ihrem Mileu und ihren historischen Umständen erzählen.

Das klingt jetzt trockener als es in Wahrheit ist, da zumindest in "Le bête humaine" Mord und Leidenschaft Hand in Hand gehen. Ausgelöst durch Eifersucht, Gier oder einfach purer Mordlust scheinen sich die diversen Charaktere nicht mehr an die mühsam anerzogenen Werte der Humanität halten zu können. So kommt es zu mehreren Mordfällen um die sich entwickelte Dreierbeziehung des Ehepaars Roubards und dem Lokführer Jacques Lantier.

Dabei wird immer mit einem gewissen Abstand erzählt und eine Moral oder ausgleichende Gerechtigkeit sucht man vergebens. Der Mensch ist Opfer seiner Leidenschaften und Zivilisation ist anerzogen. Die ganzen Tragödien spielen sich vor der Kulisse des aufstrebenden Eisenbahnbetriebs ab - eine Kulisse die sich manchmal zu sehr in den Vordergrund drängt, wenn sich Zola hier in detailverliebte, technische Beschreibungen verliert. Das ist wahrscheinlich auch ein Hauptkritikpunkt von meiner Seite: eine etwas gerafftere Erzählung hätte der ganzen Geschichte nicht geschadet. Bei der Beschreibung der Bahn kann man eine gewisse Faszination der Zeit noch nachvollziehen (und ist vom heutigen Standpunkt auch durchaus interessant). Nur wenn Zola die "schwarze, ungetüme Eisenbahn" symbolisch mißbraucht, wird es etwas unangenehm. Aber die ausführlichen Ausflüge in die Gefühlswelt der verschiedenen Personen haben beim Lesen schon mal Ungeduld und Augenrollen ausgelöst. Besonders da die Figuren so ihren Leidenschaften unterworfen sind, dass sie hauptsächlich im Kreis denken, ohne Anfang oder Ende.
Ich habe mir während des Lesens gedacht, dass sich das Buch gut als Film eigenen würde, da Beschreibungen im Film geraffte und pontierter dargestellt werden können und anscheind gibt es eine Verfilmung aus dem Jahr 1938 von Jean Renoir.



Es ist schwierig eine abschließende Empfehlung auszusprechen, obwohl das Buch eigentlich zügig zu lesen war. Im Nachhinein war es aber eine eigenartige Leseerfahrung, weil es eigentlich keine Höhepunkt(e) oder einen Abschluss gab. Wahrscheinlich ist das Buch vor allem etwas für historisch Interessiert und Eisenbahnfans.



Sonntag, 13. Januar 2013

A Song Of Ice And Fire

A Song of Ice and Fire. Game of Thrones. Autor George R. R. Martin. HBO Serie. Bisher erschienen: Fünf Bände. Genre Fantasy. Lesen! Lesen! Lesen! Absolut grandios, episch, das Beste vom Besten...





Ich habe erst vor ein paar Tagen die letzten Kapitel des fünften (und bisher letzten) Bandes  der Fantasy Reihe "Game of Thrones" von George R. R. Martin gelesen. Warum ich das Buch nicht schon längst - das heißt gleich nach Erscheinungsdatum - in kürzester Zeit verschlungen habe, liegt daran, dass ich aufgrund der langen Pause zwischen vierten und fünften Band beim ersten Anlauf einmal nur verwirrt war. Dann das Buch frustriert auf die Seite gelegt habe. Dann in Ruhe noch einmal die ersten vier Bände* gelesen habe. Das war sowieso gut, weil ich "damals" so gierig durchgefegt bin, dass ich vieles nur sehr schlampig gelesen habe und ich mich eigentlich nur mehr an die Geschichten meiner Lieblingscharaktere erinnern konnte. Damit ist auch schon eine der wenigen Schwächen der Reihe erwähnt: Zu! Lange! Pausen!

Jedenfalls ist man, wenn man sich noch nicht auf die Reise durch diese fantastische Welt begeben hat, einerseits zu beneiden, andererseits auch zu bemitleiden. Martin ist ein gnadenloser Autor und das liegt nicht nur an der ungeschminkten Brutalität von gewissen Szenen. Er mag sich einfach nicht an irgendwelche vorgegebenen Konventionen und Ewartungen halten. Kurz nachdem ich die ersten zwei Bände gelesen hatte, war ich jeder Geschichte / jedem Autor gegenüber misstrauisch. Nicht noch einmal sollte mich da so ein Schreiberling unerwartet so link überraschen. Niemandem leichtfertig vertrauen!
Das Tolle an dieser Serie ist, dass man das Gefühl hat mitten in der Geschichte zu stehen, ohne die leiseste Idee zu haben, wie alles ausgehen wird. Der König stirbt und damit entsteht ein Machtvakuum und das Spiel um den Thron kann beginnen. Es gibt mehrere Häuser, die versuchen ihre Zukunft abzusichern und einige undurchsichtige Spieler im Untergrund. Man verfolgt auch "tote Pfade", also Schicksale, die eben nicht von Erfolg gekrönt sind und keine gewichtige Rolle im großen Spiel um die Macht haben. So wie es eben ist, wenn man mitten im Geschehen ist. Geschichte wird ja erst später geschrieben, wenn klar ist wer die Sieger sind. Dann wird entschieden was wichtig ist und was nicht, wer böse und wer gut ist. Und so ist es auch bei dem Meer an Fantasy Büchern. Man betrachtet als Leser die Geschehnisse aus der Vogelperspektive: Normalerweise hat man bei Geschichten dieser Art einen klaren Helden und man weiß, wer die moralisch zu verachtenden Feinde sind. Irgendeinmal dazwischen werden die Bösen die Oberhand haben, aber die Guten gewinnen am Ende. Der Held rettet, was auch immer zu retten ist. Martin macht es einem nicht so leicht. Es gibt hier wenig Schwarz -Weiß, aber sehr viele Grauschattierungen. Manche Charaktere hat man eben noch gehasst, um sie dann im nächsten Moment zu verstehen und ihnen die literarischen Daumen zu drücken, damit sie nicht in irgendeine Falle tappen.

Das einzige, was mir Sorgen macht und mich gleichzeitig wahnsinnig beeindruckt, ist die immer komplexere Welt, die hier entsteht. Ich habe keine Ahnung, wie Martin den Überblick bewahrt, nachdem im fünften Band noch ein paar (Neben-)Charaktere mehr ihren Platz einnehmen und da und dort noch ein Geschichtenstrang eingefügt wird. Durchaus nicht gezwungen, sondern alles geht in der bereits vorhandenen Geschichte auf, aber ich hoffe, dass diese Serie nicht einem nicht unbekannten Fantasy Schicksal zum Opfer fällt: der Autor findet zu keinem Schluss mehr à la "Rad der Zeit".
Das Spezielle ist außerdem noch, dass die Kapitel jeweils einem der Charaktere zugeordnet sind, also die Geschichte dann aus dem Blickpunkt dieser einen Person erzählt wird. Daher ist das ganze nicht streng chronologisch geordnet - manche Erzählstränge sind schneller, während andere wieder in einem anderen Band mehr zum Zug kommen, obwohl sie zeitgleich passieren. Das kann streckenweise ermüdend sein, wenn man nicht allen Irrungen & Wirrungen mit dem gleichen Enthusiasmus folgt beziehungsweise möchte man manche Charaktere einfach nur schütteln und beuteln, weil sie so gar nicht in die Gänge kommen.

Aber im Großen und Ganzen blase ich hier alle meine virtuellen Fanfaren, streue Konfetti und gebe Champagner aus - unbedingte Lesempfehlung, auch für Leute, die vielleicht sonst keine Fantasy Bücher mögen. Diese sind wirklich auf eine geniale Art anders. Drachen sind natürlich schon dabei.





P.S.: Ich habe die Bücher auf Englisch gelesen. Auf deutsch sind es keine fünf, sondern ganze zehn Bände. Ich kann also nicht sagen, wie "kurzweilig" das wird, aber vielleicht freut man sich auch, dass man so viel mehr zu lesen hat.

* Es gibt übrigens ein nettes Amazon Kindle Bücherpaket für die fünf Bände um € 28,76. Ist keine schlechte Sache, obwohl ich finde, dass die handfeste Version aufgrund der Länge der einzelnen Bände etwas leichter zu handhaben ist.

Samstag, 15. Dezember 2012

Der Friedhof der vergessenen Bücher






Die Romane "Im Schatten des Windes" und "Das Spiel des Engels" handeln beide von scheiternden Schriftstellern, der Macht von Büchern und Barcelona. In beiden Werken besuchen die Hauptprotagonisten den Friedhof der vergessenen Bücher, der mit seinem kurzen Auftritt eine Art Dreh- und Angelpunkt für die Geschichten bietet. Anscheinend plant der Autor noch zwei weitere Bücher mit diesen Zutaten zu schreiben. Schöne Idee. Momentan bin ich aber eher nicht in der Stimmung noch ein Buch von Carlos Ruiz Zafón zu lesen. Hauptsächlich, weil mir "Das Spiel des Engels" noch etwas unverdaulich im Magen liegt.

Zuerst hatte ich "Im Schatten des Windes" gelesen und war angenehm überrascht. Spannung, Liebesgeschichte, Verbrechen, interessante Charaktere... alles vorhanden. Es hat jetzt nicht gerade mein Leben verändert, aber ich könnte es ohne Gewissensbisse jedem empfehlen, der ein kurzweiliges Lesevergnügen sucht. Und das ist durchaus als großes Lob gemeint.


"Es ist eine Geschichte von Liebe, Haß und den Träumen, die im Schatten des Windes hausen."


In dem Roman wird Daniel von seinem Vater zum Friedhof der vergessenen Bücher gebracht, wo er sich ein Buch aussuchen darf: Daniel wählt "Im Schatten des Windes" von Juliàn Carax. Daniel ist begeistert von dem Buch und beginnt Nachforschungen über den Autor anzustellen und wird dabei fast besessen von Juliàn.  Zusätzlich ist da noch die bedrohliche entstellte Figur, die offenbar nichts anderes im Sinn hat, als den Namen Juliàn Carax von der Erdoberfläche zu löschen, während Daniels eigenes Leben erstaunliche Parallelen zu Julians entwickelt. Letztendlich gelingt es ihm aber, sich mit Mut und Liebe dem angeblich unvermeidlichen Schicksal entgegenzustellen. Also alles in allem eine spannende Melange mit dem hübschen Kunstgriff Vergangenes mit dem Gegenwärtigen gelungen zu verflechten.




"Das Spiel des Engels" ist bei weitem komplizierter. Oder besser ausgedrückt, ist weitaus schwieriger zusammen zu fassen, obwohl er in der Struktur wahnsinnig ähnlich ist.
David Martin ist ein aufstrebender junger Schriftsteller. Während er an seinem Opus magnum arbeitet, hilft er gleichzeitig seiner großen Liebe Christine den Roman seines Freundes Pedro Vidal ohne dessen Wissen zu verbessern beziehungsweise komplett umzuschreiben. Vidals Buch wird ein voller Erfolg während Davids Werk ein Desaster ist; Vidal heiratet Christine, David stellt fest, dass er an einem unheilbaren Tumor leidet.
Ungefähr zeitgleich nachdem David vom Friedhof der vergessenen Bücher ein Werk namens "Lux aeterna" von einem gewissen D.M. mitnimmt, kontaktiert ihn der geheimnisvolle Verleger Andreas Corelli mit einem unwiderstehlichem Angebot. David soll für ihn eine "neue Religion" schreiben. Es ist der klassische Pakt mit dem Teufel den David hier eingeht.
Ab da wird dann die Geschichte auch immer schwerer nachzuvollziehen, Fantasie und Realität verschwimmen. David erkennt, dass der Autor von "Lux aeterna" ein ähnliches Angebot gehabt haben muss und durch einen grausamen (Selbst)mord ums Leben kam. Alle Menschen die mit David über das Thema reden, fallen einer Mordserie zum Opfer. David wird von der Polizei verdächtigt. Christina kehrt zu ihm zurück, nur um wieder zu verschwinden und wieder völlig geistesgestört aufzutauchen. Und am Schluss bewahrheitet sich eine alte Fotografie...

Die Idee mehrere Bücher mit dem Bezugspunkt des Friedhofs der vergessenen Bücher zu schreiben ist spannend, aber diese beiden Romane sind für mich in Aufbau und Beziehungsgeflecht zu ähnlich.
Es wirkt, als würden zwei mal dieselben Zutaten wiedergekaut, nur beim zweiten Mal ist das ganze zu einem unübersichtlichem Brei geworden. Man verzeih mir die schwache Metapher.
Positiv ausgedrückt, soll "Das Spiel des Engels" mehr zum Nachdenken anregen und nicht so leicht zugänglich sein... An sich finde ich das eine gute Sache. Es muss nicht immer alles auf einem Silbertablett in mundgerechten Stückchen serviert werden. Ich konnte mich aber dem Eindruck nicht entziehen, als wäre die Geschichte dem Autor über den Kopf gewachsen und er hat sie nicht konsequent zu Ende gedacht. Es ist ein Roman, der in den ersten hundert Seiten vielversprechend anfängt und dann in alle Richtungen zerflattert und zerfranst. 
Dabei sind dann auch sämtliche Charaktere, bis auf David, seltsam zweidimensional geblieben. Bei "Der Schatten des Windes" gibt es Fermín Romero de Torres, Daniels Freund und Komplize, mit dem so viel Leben und Humor in die Geschichte kommt. In "Spiel des Engels" haben wir Isabella, die Assistentin von David, die hier wohl die Rolle von Fermín übernehmen soll. Aber nur weil Wortwechsel als "sarkastisch"und "ironisch" beschrieben werden, sind sie es noch lange nicht. Auch die Liebesgeschichte zu Christine hat mich beim Lesen nicht gerade berührt, sondern eigentlich mehr verärgert. Ihre Handlungen sind schwierig nachzuvollziehen und es entzieht sich völlig meinem Verständnis, warum sie dann in der zweiten Hälfte des Buches so ein einsames, verwundetes Reh ist, deren Auge offensichtlich die Farbe "gebrochen" haben.

"Christine öffnete die Augen wieder und schaute mich mit diesem verwundeten, gebrochenen Blick an, der mich selbst in die Hölle verfolgt hätte."*

Vielleicht liegen die Schwächen in den Dialogen auch an der Übersetzung. Vielleicht klingen Sätze wie "Die Geschichte ist die Müllhalde der Biologie."** auf Spanisch poetisch und tiefsinnig. Aber nichts, wirklich nichts, versöhnt mich mit diesem Schluss. Das Ende von "Spiel des Engels" hat mich direkt wütend gemacht, weil ich das Gefühl hatte, der Autor nimmt seinen Leser nicht ernst. Ja warum nicht. Drücken wir der nicht mehr alternden Hauptperson seine Geliebte als Kind in die Hand. Oh nein. Ich habe das Ende verraten. Aber keine Angst. Das Ende verrät dafür nichts.



*Das Spiel des Engels, S. 494.
**Das Spiel des Engels, S. 275.