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Sonntag, 4. Mai 2014

'Zu zweit tut das Herz nur halb so weh' von Julie Kibler



Das Buch 'Zu zweit tut das Herz nur halb so weh' war ein sehr nettes Geschenk von Isabelle akà Papyrus von "Alles nicht so wichtig". Es hatte eine etwas schwierige Anreise, weil es anscheinend so gar nicht recht zu mir kommen wollte, aber inzwischen haust es schon eine Weile bei mir und eines Sonntags im April hab ich mich dann auch daran gemacht es zu lesen.

Piper Verlag


Es ist die Geschichte von Isabelle, 89 Jahre, und ihrer Afro-Amerikanischen Friseurin Dorrie, die einander freundschaflich verbunden sind. Daher begleitet Dorrie Isabelle auf eine Autoreise von Arlington nach Cincinnati zu einem Begräbnis. Auf dieser Reise erfährt man von Isabelles Jugendzeit in Kentucky in den 30ern des 20. Jahrhunderts und von ihre ersten (und einzigen) großen Liebe.

Eigentlich ist diese Art von Büchern ja genau meins. Ich mag tragische Liebesgeschichten und Bücher, die in den Südstaaten spielen. Eigentlich perfekt. Noch dazu ein Buch, dass eine etwas beschwerlich Reise hinter sich hat und mich dran erinnert, wie schön es sein kann via Internet mit anderen (lesebegeisterten) Menschen in Kontakt zu treten. Aber leider... das schriftstellerische Debut von Julie Kibler hat mich etwas kaltgelassen. Bevor ich näher auf die Gründe eingehe vorweg eine Warnung an alle, die das Buch noch gerne lesen wollen - in diesem Fall lassen sich für mich "Spoiler" kaum vermeiden. Also mit Vorsicht geniessen beziehungsweise folgt dann noch rechtzeitig eine Warnung.

Zuerst zu den positiven Dingen - die Geschichte liest sich zügig ohne mühsamen Längen und grundsätzlich mochte ich die Freundschaft zwischen Isabelle und Dorrie. Ich hätte mir da sogar etwas mehr Tiefgang gewünscht über die Schwierigkeiten und Gemeinsamkeiten, die sich durch ihre komplette verschiedenen Lebenswelten ergeben.
Aber zur eigentlichen Liebesgeschichte zwischen der 17jährigen Isabelle und dem Sohn der farbigen Hausangestellten. In den 30ern in Kentucky ein Ding der Unmöglichkeit, aber Isabelle lässt sich durch nichts und niemanden aufhalten. In ihrer Liebe zu Robert ist sie waghalsig bis fast zur Dummheit. Und Robert ist einfach nur perfekt - wohlerzogen, intelligent, ambitioniert. Obwohl er sich den Gefahren für sich und seine Familie mehr bewusst scheint, so ist auch er bereit alles hinter sich zu lassen für seine große Liebe.
-Soweit bin ich auch noch dabei - nicht die glaubwürdigst beschriebene Liebesgeschichte aller Zeiten, aber ich bin durchaus auch für etwas mehr Gefühl und weniger Realität bei romantischen Dingen. Aber dann beginnt mich Isabelle zu ärgern und damit ging auch jegliche Sympathie für sie verloren. (Achtung - ab jetzt wird dann zu viel von der Geschichte verraten)-
Isablle und Robert heiraten heimlich, werden aber entdeckt und Isabelle wird in ihrem Elternhaus eingesperrt und wie eine Aussätzige behandelt. Was Robert passieren wird, kann man nur befürchten. Isabelle ist schwanger, bekommt ihr Kind aber zu früh und es stirbt. Nachdem sie nun alles verloren hat, Kind und Robert, darf Isabelle wieder das Haus verlassen. Sie sucht sich einen Job und zieht von zu Hause aus. Und diese Isabelle, die in der ersten Hälfte des Buches fast übertrieben mutig war, macht nun einfach gar nichts. Weder versucht sie die Krankenschwester, die bei der Frühgeburt dabei war, zu kontaktieren um vielleicht das Grab ihres Kindes zu besuchen, noch versucht sie Robert eine Nachricht über ihre Situation zukommen zu lassen. Viel mehr glaubt sie einer vagen Andeutung seiner Schwester,  dass er sich bereits eine neue Freundin zugelegt hat. Warum auch nicht.
Natürlich könnte es sein, dass sie durch ihre Erlebnisse einfach bis zur Erstarrung traumatisiert ist, aber so richtig erstarrt ist sie ja nicht. Sie arbeitet, sie geht aus und sie lernt einen Mann kennen. Sie liebt ihn zwar nicht, aber sie heiratet ihn dann trotzdem. Und ab diesem Zeitpunkt war es zwischen mir und Isabelle vorbei. Man kann mir doch nicht vorher die dramatische-wir-gegen-den-Rest-Liebe verkaufen und dann einfach mal jeman anderen heiraten. Es gibt keinen Grund für diese Hochzeit. Isablle hat einen Job, ein Dach über den Kopf, sie liebt jemand anderen. Emotional spricht alles gegen diese Hochzeit. Eine böse Vermutung ist, dass es sich vielleicht um einen Kunstgriff der Autorin handelt um noch etwas mehr Dramatik ins Geschehen zu bringen (Hallo Hollywood!). Denn Robert steht natürlich dann doch vor ihrer Haustüre und wenigstens er hat niemanden anderen. Ein Happy End wird hier trotzdem niemanden gegönnt. Aber da konnte ich auch schon nicht mehr mit Isabelle mitfiebern - ihre Persönlichkeit hatte sich zu unglaubwürdig vom Heißsporn zur 'der, die dem Schicksal ergeben ist' gewandelt.

Julie Kibler wurde übrigens zu der Geschichte von ihrer Großmutter inspiriert, die sich in ihrer Jugend in einen jungen Farbigen verliebt hatte, aber deren Beziehung von ihrer Familie strikt unterbunden wurde.


Vielen lieben Dank noch einmal an Isabelle - ich wollte das Buch unbedingt lesen und es war sehr toll, es geschickt bekommen zu haben. Wer auch immer über diesen Text stolpert und Isabelles Blog "Alles nicht so wichtig" noch nicht kennt - unbedingt besuchen. Wunderschöner Blog mit Büchern, Reisberichten und tollen Fotos.










Sonntag, 12. Januar 2014

"Gute Geister" von Kathryn Stockett




Mit einem unerklärlichem Südstaatentick ausgestattet und nachdem ich letztes Jahr mit großer Begeisterung "Gone with the Wind" gelesen habe, musste ich früher oder später natürlich auch "Gute Geister" (im engl. Original: "The Help") lesen.
"Vom Winde verweht" wird in "Gute Geister" öfters erwähnt - es ist quasi das Negativ von dem sich "Gute Geister" abheben will. Das "Vom Winde verweht" voller verklärender Romantik der eigenen Geschichte gegenüber ist, möchte ich  gar nicht bestreiten. Aber als aufmerksame Leserin wird einem der innwohnende Rassismus der damaligen Gesellschaft kaum entgehen. Es stimmt, dass Scarletts heißgeliebte "Mammy" nicht nach ihrer Meinung gefragt wurde; es ist kein Buch, dass die Sklaverei aus der Sicht der Betroffenen zeigt. Aber es zeigt die Täter (wenn auch von der Autorin ungewollt) sehr wohl; vielleicht nicht die offen brutalen Sklavenhalter, aber die "netten", die das System genauso mitgetragen und mitgestaltet haben. Kathryn Stockett will also nun in ihrem Buch den schwarzen Haushaltshilfen eine Stimme geben.

"And," I felt compelled to continue, "everyone knows how we white people feel, the glorified Mummy figure who dedicates her whole life to a white family. Margaret Mitchell covered that. But no one ever asked Mammy how she felt about it."
(Miss Skeeter zu Elaine Stein)



Die Geschichte spielt in Jackson, Missisippi in den Jahren der Bürgerrechtsbewegung. Schwarze müssen getrennte Toiletten, getrennte Eingänge und eigene Bibliothekten benützen. Schwarze Frauen arbeiten als Dienstmädchen für weiße Familien und ziehen ihre Kinder groß, dürfen aber nicht am selben Tisch essen wie ihre Arbeitgeber. Es wird aus drei Perspektiven erzählt -  da sind die schwarzen Haushaltshilfen Abileen und Minnie und "the white lady" Miss Skeeter. Miss Skeeter will Journalistin werden und nachdem sie in New York zu einem Verlag Kontakt aufnimmt, entsteht die Idee eine Sammlung von Interviews mit schwarzen Haushaltshilfen über ihr Leben und ihre Arbeit zu machen. Sie findet eine Verbündete in Abileen, doch die Arbeit an dem Buch gestaltet sich schwierig. Groß sind die Grenzen, die es zu überwinden gilt und groß sind auch die Gefahren.

Die Autorin des Buches, Kathryn Stockett, ist weiß und aus Missisippi. Man braucht das Nachwort im Buch eigentlich nicht lesen, um zu realisieren, dass sie sich mit der Figur von Miss Skeeter selbst beschreibt; aber das Nachwort hilft das Buch als das anzunehmen, was es sein will.
Denn die große Frage ist, inwieweit kann eine Weiße heute aus der Perspektive von schwarzen Angestellten in den 60ern schreiben? Wie weit kann man sich wirklich in eine Situation versetzen, die man selbst nie erlebt hat und so auch hoffentlich nie erleben wird? Wie kann man die Stimme der Opfer annehmen, wenn man eigentlich zu den Tätern gehört? In einem Abschnitt des Buches heißt es:

"White people been representing colored opinions since the beginning a time."

Passiert das nicht auch hier? Darf man das? Ich habe dazu noch immer keine abgeschlossene Meinung... Denke ich (zum Beispiel), dass eine weibliche Autorin nicht aus der Perspektive eines männlichen Protagonisten schreiben darf? Eigentlich nicht. Denke ich, dass ein Mann einen feministischen Roman aus der Sicht einer Frau schreiben kann? Vielleicht, aber ich stelle es mir schwierig vor. Möchte ich, dass fiktiver Literatur Fesseln einer bestimmten Perspektive auferlegt wird? Sicher nicht! Wäre es besser gewesen Kathryn Stockett hätte von Abileen und Minnie aus der Perspektive von Miss Skeeter erzählt? Ich weiß es nicht. Kathryn Stockett selbst schreibt, dass sie selbst nicht rechtzeitig daran gedacht hat ihre "Mammy" Demetrie nach ihrer Meinung zu fragen und dass sie mit ihrem Buch eine Annäherung, ein Verstehen versucht:

"What I'm sure about is this: I don't presume  to think that I know what it really felt to be a black woman in Mississippi, especially in the 1960s. I don't think it is something any white woman on the other end of a black woman's paycheck could ever truly understand. But trying to understand is vital to our humanity."
(Kathryn Stockett im Nachwort zu "The Help")

Abgesehen davon liest sich das Buch schnell und man fühlt mit Abileen, Minnie und Miss Skeeter. Die Charaktere selbst sind etwas flach, wie von der Stange. Man hat die gutherzige Abileen und die zornige Minnie. Es sind also die grundsätzlich möglichen/vorstellbaren Gefühlswelten abgedeckt. Von den anderen interviewten Haushaltshilfen erfährt man wenig. Einen etwas größeren Auftritt bekommt noch Gretchen, die Miss Skeeter vorwirft, dass sie nur eine weitere Weiße ist, die von den Schwarzen profitieren will. Die weinerliche Verletztheit von Miss Skeeter und die Empörung von Abileen nach Gretchens Auftritt, sind allerdings etwas schwer verdaulich.
Im englischen Original haben Abileen und Minnie einen augeprägten Dialekt, während alle Weißen perfektes Englisch sprechen. Ein Detail, dass sicher zur "Authentizität" beitragen soll, aber zumindest bei Miss Celia etwas ins Stolpern gerät - Miss Celia wird als "white trash" mit einem tiefen Südstaaten Slang beschrieben - in der direkten Rede jedoch merkt man davon bei ihr aber nichts.
Miss Skeeter ist wahrscheinlich der am besten ausgearbeitete Charakter, was aufgrund der autobiographischen Züge nicht verwundert. An ihr wird auch deutlich gezeigt, wie leicht sie Teil dieses Systems werden hätte können und dass uns oft nur kleine Abweichungen und Zufälle davor retten, den bequemen Weg zu gehen.

Im klassischen 5-Sterne System habe ich dem Buch vier gegeben, was vielleicht verwundert. Aber trotzdem alle meine Zweifel bestehen bleiben, sind sie erst beim späteren Nachdenken verstärkt in den Vordergrund getreten. Beim Lesen selbst konnte ich mich voll auf die Geschichte einlassen und  das Buch kaum aus der Hand legen. Ich hoffe aber bald Susan Tucker's "Telling Memories among Southern Women" habhaft zu werden - ein Buch mit 42 Interviews mit schwarzen und weißen Frauen, das auch Kathryn Stockett für ihr Werk gelesen hat.





Martin Luther King - "I have a dream" Speech - 28. August, 1963




Sonntag, 8. September 2013

Vom Winde verweht...

von Margaret Mitchell (1936)



"Some people survive; others don't. What qualities are in those who fight their way through triumphantly that are lacking in those that go under? I only know that survivors used to call that 'gumption'.  So I wrote about people who had gumption and people who didn't."
Margaret Mitchell über "Vom Winde verweht"


Dieses Buch... dieses Buch... dieses Buch (bitte leicht bis stark hyperventilierend lesen, je nach persönlicher Disposition)... Dieses Buch ist schrecklich! Auf eine großartige, fesselnde und faszinierende Art und Weise. Ich hab die letzten zwei Kapitel durch geheult und davor war ich amüsiert bis verärgert bis... Margaret Mitchell hätte es sich so leicht machen können - eine romantische Geschichte vor der Kulisse eines Krieges. Stattdessen ist die Frau einfach schonungslos. Während ich dieses Buch gelesen habe, wollte ich eigentlich ständig darüber reden und war auch kurz versucht mehre Blogposts zu meinen turbulenten Emotionen in die Leere in des Internets zu schmeissen, wovon mich aber meine mangelnde Verbindung zu eben diesem Internet abgehalten hat. Deswegen jetzt ein paar konfuse Gedanken zu diesem 959 Seiten (in meiner Ausgabe) Wälzer in einem undurchdachten Blogpost.



"Vom Winde verweht" spielt in Georgia und beginnt kurz vor dem amerikanischen Bürgerkrieg und endet eine Weile nach der Niederlage der Südstaaten. Es wird eine heile Welt von Plantagenbesitzern vorgestellt, die in einer "natürlichen" sozialen Ordnung einem strengen moralischen Ehrenkodex folgen, der nur wirklich Einheimischen vertändlich ist. Man lernt die verwöhnte und starrköpfige Scarlett O'Hara kennen, eine "southern belle" deren einziges Ziel es ist, möglichst viele Männerherzen zu sammeln und zu brechen ohne dabei viel Rücksicht auf ihre Umwelt zu nehmen.

"Scarlett O'Hara was not beautiful, but men seldom realized it when caught by her charm [...]
The green eyes in the carefully sweet face were turbulent, willful, lusty with life, distinctly at variance with her decorous demeanor. Her manners had been imposed upon her by her mother's gentle admonitions and the sterner discipline of her mammy; her eyes were her own."

Scarlett O'Hara ist eine sehr eigenartige Hauptperson. Wie Margret Mitchell es geschafft hat, so viele Seiten über diesen Charakter zu schreiben und ihr eigentlich nicht eine liebenswerte Eigenschaft zu geben, ist mir ein Rätsel. Hätte ich diese Buch geschrieben, so wäre ich sicher spätestens nach der Hälfte in die Knie gegangen und hätte Scarlett an Krieg und Verwüstung wachsen lassen um ihr dann, nach ein paar Kapitel voll Reue und Einsicht, ein gebührendes Happy End zu beschehren. Stattdessen weicht Mitchell nicht einen Millimeter von Scarletts am Anfang angedeuteten Charakter ab, mit einer Härte die man nur bewundern kann.
Ganz klar: Scarlett ist ein "survivor": Sie packt den Stier bei den Hörnern und sichert sich und anderen ohne Skrupel so das Überleben, wenn auch keinerlei Anerkennung oder Zuneigung. Ihr Motto ist "I won't think about it now" (um so auch später nicht darüber nachzudenken) und ihre Antriebsfeder ist Geld, wobei Geld bei ihr mit Sicherheit gleichzusetzen ist. Als Leserin versteht man, dass sie ein tiefsitzendes Kriegstrauma hat, aber Scarlett selbst ist nicht fähig sich so weit zu erkennen. Sie ist bereit zu lügen und jeglichen Trick anzuwenden um ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. Meist hat man das Gefühl, sie versteht wirklich nicht was Gut, was Böse und vor allem was Selbstlosigkeit ist. Daher konnte ich keine wirkliche Abneigung gegen sie entwickeln - ich konnte bei ihren Liebswirrungen aber auch kein großes Mitgefühl entwickeln, aber sie hat mich oft sprachlos gemacht und ich musste mehrmal meinen gedanklichen Hut vor ihr ziehen, einfach weil sie so ohne jegliche Konventionen ist.

Scarlett und die Liebe ist wieder so eine Sache, die ich in der Art eigentlich noch nie gelesen habe. Sie selbst meint wahnsinnig in AshleyWilkes von der Nachbarplantage verliebt zu sein und das eigentlich nichts anderes zählt als ihre großartige Liebe. Man kann sie dabei aber nur schwer ernst nehmen - schnell merkt man, dass Ashley einfach der Einzige war, der sie jemals zurückgewiesen hat (und nicht sie ihn). Ihre Persönlichkeit lebt auf, wenn sie Macht über andere (im speziellen Männer) hat und Ashley hat sich ihr entzogen bevor sie ihn ganz auf den Knien hatte. Es ist nicht so als wäre Ashley nicht auch zu Scarlett hingezogen, aber er heiratet nach Familienbrauch seine Cousine Melanie. Ashley ist während des ganzen Romans wichtig für Scarletts Motivation, aber eigentlich bleibt er selbst ziemlich farblos, was aber gut zu seiner Rolle paßt. Er beschreibt sich selbst als zu einer untergangengen Welt gehörend (eben den Südstaaten), als nicht überlebensfähig in der neuen Ordnung.

Hier ist die Szene* (die noch vor Kriegsbeginn spielt) in der Ashley Scarlett sagt, dass er Melanie heiraten wird und Scarlett auch das erste Mal auf Rhett Butler trifft...


Eine schöne Überleitung zu der eigentlich spannenderen Konstellation - Scarlett & Rhett.

Ein Liebespaar das irgendwie nie eines ist,  aber eigentlich unbedingt eines sein sollte. Obwohl Scarlett vielleicht daran die größere Schuld trägt, kann man ihr weniger Vorwürfe machen. Denn Scarlett ist nicht die hellst Glühbirne im literarischen Universum - sie sieht nur was genau vor ihrer Nase ist und komplexe zwischenmenschliche Emotionen sind etwas zu viel für ihr Köpfchen. Sie kann nicht zwischen den Zeilen lesen, manchmal fragt man sich ob sie überhaupt lesen kann.
Während Rhett Scarlett wahres Wesen schon sehr früh erkennt und sie genau deswegen liebt (was eventuell auch kein so positives Licht auf ihn wirft). Er ist der geheimnissvolle Rebell und Kriegsgewinnler, gut aussehend und gefährlich, der, ähnlich wie Scarlett, Leute leicht um den Finger wickeln kann, aber im Gegensatz zu ihr sich seiner selbst mehr bewußt ist und hin und wieder doch so etwas wie Gewissen erkennen lässt. Aber entweder ist es sein Stolz oder er hat Scarlett zu sehr durchschaut - jedenfalls ist auch Rhett Butler nicht fähig diese Liebsgeschichte zu einem glücklichen Ende zu führen. Es es ist eine Romanze voller falscher Momente und Mißverständnissen. Jedenfalls haben mich die beiden wirklich zum Weinen gebracht, wobei ich vielleicht mehr für Rhet geweint habe, weil ich mir bis jetzt nicht sicher bin, ob Scarlett sich selbst (und damit mich) wieder einmal hinters Licht geführt hat.

"I love you, Scarlett, because we are so much alike, renegades, both of us, dear, and selfish rascals. Neither of us cares a rap if the whole world goes to pot, so long as we are safe and comfortable."
Rhett zu Scarlett nach der Flucht aus Atlanta

Es gibt in dem Buch noch viele andere spannende und vielschichtige Persönlichkeiten, aber hier einen halbwegs nachvollziebaren Weg zu finden auf diese einzugehen, fällt mir gerade nicht ein und dafür ist hier auch vielleicht zu wenig Platz.
Ich möchte trotzdem noch etwas zu dem Thema Südstaaten und Sklaverei sagen - es gibt Kritik die "Vom Winde verweht..." eine Verharmlosung der Sklaverei und eine Verherrlichung der damaligen Gesellschaft vorwirft und dazu kann ich nur ja und nein sagen, obwohl eher nein. Es ist ein Abgesang auf die ehemalige Welt der Südstaaten, auf die Gentlemen und Ladies und ihre Tugenden. Gleichzeitg wird aber auch gezeigt, wie sehr an einer starren Ordnung festgehalten wird, die unfähig ist sich neuen Lebensumständen anzupassen. Es war eine Gesellschaft die sehr viel aus Gesten und Floskeln bestand und innen schon ausgehöhlt war.

"But, no matter what sight they had seen, what menial tasks they had done and would have to do, they remained ladies and gentlemen, royalty in exile - bitter, aloof, incurious, kind to one another, diamond hard, as bright and brittle as the crystals of the broken chandelier over their heads. The old days had gone but these people would go their ways as if the old days still existed, charming, leisurely, determined not to rush and scramble for pennies as the Yankees did, determined not to part with none of the old ways."

Die Sklavenhaltung wird mit keinem Wort direkt kritisch beschrieben, sondern als unabänderlicher Teil dieser Welt, aber gerade das macht es so spannend - für mich hat es so einen subtilen, innwohnenden Rassismus, der eben so wahnsinnig gefährlich ist. Nicht jeder Sklavenhalter hat seine Sklaven ständig ausgepeitscht, aber natürlich hat er sie als Untermenschen wahrgenommen - im besten Fall wie Kinder, auf die man aufpassen muss. Und das Buch zeigt auch gut, was mit Menschen passiert, die über längeren Zeitraum so behandelt werden  - nach dem Krieg und mit ihrer Befreiung sind viele ehemalige Sklaven verloren und wissen ohne tägliche Anweisungen nichts mit sich anzufangen. Das Buch ist rassistisch, weil die Zeit es war und als aufmerksame Leserin kann man hier viel über gewisse (bekannte) Mechanismen lernen.

Abschließend ist nur zu sagen, dass dieser Roman eine viel ausführlichere Besprechung verdient hätte (und es finden sich auch ein paar wunderbare im Netz), aber mir fällt es wahnsinnig schwer hier auch nur eine kurze und prägnante Inhaltsangabe zu schreiben (mehrer Versuche sind an zu großer Länge gescheitert). Eigentlich würde ich noch gerne so viel zu Melanie Wilkes, Scarletts Eltern und und und.. sagen, aber ich begnüge mich ein paar Schlaglichtern und hoffe, dass ich dieses Buch irgendwann einmal mit anderen lesen werde und wir dann stundenlang darüber sprechen können.






*Verfilmung "Vom Winde verweht..." aus dem Jahr 1939 mit Vivienne Leigh und Clark Gable






























Sonntag, 10. Februar 2013

Die Bekleidungsprobleme von Südstaaten Schönheiten





Ich habe offensichtlich eine neue Leidenschaft, der ich mich bisher nicht so ganz bewusst gestellt habe: Ich lese ganz gerne "sexy urban Fantasy" (das ist anscheinend der Fachbegriff). Festgestellt habe ich diese Neigung, als ich über die weihnachtlichen Feiertage wie ein tasmanischer Teufel durch die Fever-Serie von Karen Moning gefegt bin und verschämt feststellen musste, dass mir einige der Stereotypen schon mehrmals begegenet sind...




In besagter Fever-Serie zerfällt die Grenze zwischen unserer Welt und dem Reich der Feen und das bedeutet nichts Gutes. Es gibt aber speziell begabte Menschen, die die Feen als das sehen können, was sie wirklich sind und sie daher bekämpfen können. Zu diesen Auserwählten gehört MacKayla, eine Südstaaten Schönheit, die bisher ein sorgloses Leben geführt hat. Der Mord an ihrer Schwester führt sie jedoch nach Irland, wo sie ihre Bestimmung und Jericho Barrons kennenlernt. Gemeinsam mit Barrons versucht sie nun das ultimativ Böse zu bekämpfen und auch den Mörder ihrer Schwester zu finden...
Schon bei der Beschreibung von Jericho Barrons fingen ein paar Déjà-vu-Glocken an zu läuten. Barrons ist reine animalische Sinnlichkeit, muskelbepacktes Kommandomännchen und natürlich begehrt er MacKayla wie sonst nichts bisher in seinem doch schon sehr, sehr lang andauerndem Leben. (MacKayla merkt von dieser unvermeidlichen Anziehungskraft natürlich nichts und denkt, dass Barrons sie nur benutzt und sie nie, nie, nie mit ihm schlafen würde)



Diese an Fabio Lanzoni modellierte Männlichkeit - groß, lange Haare, Muskeln, geheimnisvoll - erinnert mich stark an andere gute gebaute, übernatürliche Wesen, wie sie in der bekannten Sookie Stackhouse Serie von Charlain Harris vorkommen.

In einer Welt in der sich aufgrund von künstlich hergestelltem Blut Vampire endlich den Menschen zu erkennen geben können, spielt die blonde Südstaaten Schönheit (!) Sookie Stackhouse als Telepathin und erotischer Brennpunkt für alle Vampire, Werwölfe und Ähnliches ein gewichtige Rolle. Charlaine Harris hat inzwischen 13 Abenteuer für die Kellnerin Sookie geschrieben, die eigentlich alle auch einzeln für sich gelesen werden können (im Gegensatz zur Fever-Serie von Karen Moning). Die Bücher sind wie kurzweilige Krimis des Übernatürlichen und jederzeit gute Unterhaltung. Inzwischen gibt es ja auch basierend darauf die Fernsehserie True Blood.

Außer die Südstaaten, unwahrscheinlich hohe sexuelle Anziehungskraft, blonde Haare und sexy Kurven haben Sookie und MacKayla auch ähnliche Bekleidungsprobleme beziehungsweise einen ähnlichen Stil - knapp und sexy, glatt rasiert und gut gebräunt - und relativ lange Textpassagen darüber, was sie denn gerade anhaben und warum. Das ganze wirkt manchmal wie ein zu offensichtlicher Versuch, die Charaktere realer zu machen. Achja - Sookie und MacKayla lesen übrigens auch gerne. Ein anderes (zumindest für mich) wichtiges Detail ist, dass zwar beide sich viele Gedanken über ihre Ohrringe machen können, aber jetzt keine verlorenen Seelchen sind, die von ihren diversen Alphamänner ständig aus der Bredouille gerettet werden müssen, sondern dass sie sich durchaus erfinderisch selbst zur Wehr setzen könne.

Insgesamt muss ich gestehen, dass mich beide Serien bisher wirklich gut unterhalten haben. Speziell Karen Moning hat ein teuflisches Talent jedes Buch, eigentlich jedes Kapitel mit einem Cliffhanger zu beenden, so dass man einfach weiter lesen muss. 
Und was dann eigentlich "sexy" dabei ist, fällt mehr unter Adjektiv-Sex - also hauptsächlich stundenlang andauernd mit gierigen Blicken auf glänzenden, perfekt gebauten Körpern und kurzen, eindeutigen Dialogen - mehr etwas fürs Kopfkino als ein Beispiel für expilizite Verrenkungen und das ist für mich prüdes Ding gerade recht so. 

 Empfehlung für Leute, die gerne Krimihandlungen im Fantasygenre lesen und sich auch an (manchmal etwas sterotypen) erotischen Mann-Frau-Funken erfreuen können.





Karen Moning

Darkfever           Im Bann des Vampirs
Bloodfever         Im Reich des Vampirs
Faefever             Im Schatten dunkler Mächte
Dreamfever        Gefangene der Dunkelheit
Shadowfever      Shadowfever

Noch etwas zu der deutschen Ausgabe der Fever Serie: Nachdem mich die Titelübersetzungen (speziell bei Band 1 & 2) etwas verwirrt haben, hab ich mir mal die deutsche Kurzbeschreibung auf Amazon durchgelesen: Keine Ahnung was da der Übersetzerin passiert ist, aber es geht nicht um Vampire. Die Titels sowie Inhaltsangabe sind völliger Blödsinn (wie eine Rezensentin dort auch schon angemerkt hat). Ich habe leider keine Ahnung, ob der Inhalt dann auch so schlecht beziehungsweise schlampig übersetzt worden ist.

Sookie Stackhouse Serie
Charlaine Harris