Sonntag, 24. November 2013

Hörbuch: Benedict Cumberbatch spricht Ngaio Marsh


Ich liebe Hörbücher und bilde mir, hier noch nie welche vorgestellt zu haben. Das wird sich aber jetzt sowas von ändern und in diesem Fall schlage ich gleich drei Fliegen mit einer Klappe. Unter dem Vorwand einen klassischen englischen Krimi (Fliege Nummer 2) in Form eines Hörbuchs (Fliege Nummer 3) zu präsentieren, kann ich eigentlich über Benedict Cumberbatch (Fliege Nr. 1) sprechen.

Mit ist Cumberbatch das erste Mal in einer Miss Marple Adaption aufgefallen - Murder is Easy mit Julia McKenzie* als Miss Marple.  Seitdem hat sich für ihn in Punkto Karriere einiges getan; nicht nur mit der erfolgreichen und grandiosen Serie "Sherlock" (BBC), sondern auch der internationale Durchbruch als Böswicht im letzten Star Trek Film.

 Trailer Sherlock




Star Trek 'Into Darkness' - International Trailer




Und falls irgendjemand sich jetzt einen der beiden Trailer angeschaut hat und und jetzt nicht unbedingt ein Buch - und sei es ein Telefonbuch - von Benedict Cumberbatch vorgelesen haben möchte, der/die/das ist nicht mehr ganz bei Verstand. Alle anderen - es gibt ein Lösung. Unter anderem hat der gute Mann drei Krimis der Autorin Ngaio Marsh gesprochen. Telefonbuch ist ja dann doch nicht das Wahre.

Ngaio Marsh gehört (neben Agatha Christie, Dorothy L. Sayers und Margery Allingham) zu den wahren und ursprünglichen 'Queen of Crimes', ist aber, glaube ich, in unseren deutschsprachigen Breitengraden weniger bekannt. Sie war Neuseeländerin, aber ihr Dedektiv ist der  britische Inspektor Roderick Alleyn  und fast alle ihre Krimis spielen in England.
Wenn man klassische britische Dedektivgeschichten mit wenig Blut mag und sich dafür für die typischen englischen Eigenheiten wie Pubs, Jagd und Ständedünkel begeistern kann, ist hier sehr gut aufgehoben. Inspektor Alleyn ist ein Gentleman mit guter Erziehung - diese Beschreibung sagt auch schon einiges über die Krimis von N. Marsh aus. Es sind bedächtige Geschichten mit Beschreibungen von englischen Dörfern und den dort wohnenden Charakteren; trotz durchdachter Handlung geht es hier für mich weniger um die Lösung eines Mordes, als um die Atmosphäre und die Beziehung der unterschiedlichen Personen zueinander. Gesprochen von Benedict Cumberbatch bekommt das ganze noch einmal einen Extra Bonus - die Personen werden durch das Talent und den britischen Akkzent des Schauspielers einfach noch lebendiger.


Ngaio Marsh Krimis von B. Cumberbatch gesprochen sind:

Artists in Crime










Death in a White Tie

Scales of Justice













*Not my favourite Miss Marple, but that's another story...

Sonntag, 17. November 2013

Die Austen Abenteuer #4 - "Mansfield Park"

                                                                                                                 Die Austen Abenteuer







Im Mittelpunkt dieses Jane Austen Romans steht Fanny Price: Sie wird von ihren wohlhabenden Verwandten aufgenommen um ihren Eltern das Leben zu erleichtern und ihr eine bessere Erziehung zu ermöglichen. Soweit die guten Absichten. Dabei wird aber nie vergessen Fanny auf ihre ärmliche Herkunft hinzuweisen und das sehr schüchterne Mädchen fühlt sich oft einsam - nur ihr Cousin Edward kümmert sich um Fanny und wird bald ihr bester Freund und später ihre große einseitige Liebe. Zur selben Zeit als ihr Onkel aufgrund geschäftlichen Verpflichtungen nach Antigua muss, macht die restliche Familie ihre Bekanntschaft mit Mary und Henry Crawford. Mary und Henry sind beide wohlhabend und sorgenfrei bist zur Gewissenlosigkeit. Beide haben große Anziehungskraft auf Fannys Cousinen und ohne die strenge Hand des abwesenden Onkels, sorgen die beiden für Liebeskummer und Unruhe. Nur Fanny scheint den wahren Charakter der Crawfords zu durchschauen und leidet still, während sie merkt, dass Edmund sich immer mehr in Mary Crawford verliebt. Und auch Henry Crawford sorgt für einiges Unbehagen in Fannys bisher unschuldigem Leben...

Mansfield Park ist der Roman der unter den Austen Fans wahrscheinlich für die größte Unstimmigkeit sorgt - es gibt große Liebhaber der Geschichte um Fanny Price; viele können aber so gar nichts mit dieser ruhigen und zurückgezogenen Heldin anfangen.
Auch ich bin keine große Freundin von Fanny - oder eigentlich stört mich Fanny weniger: warum nicht einmal (speziell nach der fast übertrieben scharfzüngingen Lizzy Bennet) einen etwas introvertierterem Charakter auf die Bühne stellen, die mit ruhiger Standhaftigkeit schließlich auch die ihr gebührende Anerkennung erlangt?
Mein Problem ist mehr das gesamte Tempo des Romans - stellenweise ziehen sich die einzelnen Dialoge wahnsinnig in die Länge und sind ohne den sonst so gewohnten Witz von Jane Austen schwer zu lesen ohne ungeduldig zu werden. Es gibt hier viele Gespräche zwischen Edmund und Fanny, die vor allem dazu dienen, sehr enrsthaft die verschiedenen Vor- und Nachteile mancher Charakterzüge zu diskutieren. Man wünscht Fanny, dass sie ihr Glück findet, aber speziell die erste Hälfte des Romans ist teilweise einfach langweilig. Erst als dann Henry Crawford anfängt eine größere Rolle in Bezug auf Fanny zu spielen, gewinnt die Geschichte einen großen Spannungsmoment. Ich kann mich erinnern, dass ich, als ich das Buch das erste Mal gelesen habe, wirklich nicht gewußt habe, wie Fannys Geschichte ausgehen wird und das ist bei einem Jane Austen Roman schon speziell.
Aber schlußendlich ist Mansfield Park einfach nicht "my cup of tea".
Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass Austen ein Talent hat wirklich unsympathische Charaktere zu entwerfen - in diesem Fall sind eigentlich alle, bis auf Edmund und Fanny, auf der "dunklen Seite" und selbst die beiden sind manchmal in ihrer moralischen Selbstisicherheit schwer zu verdauen. Es ist schwieirig eine Geschichte zu lesen, wo einem fast alle handelnden Personen Bauchschmerzen bereiten.
Aber den größten Vorwurf den ich Fanny - oder besser Jane Austen - mache, ist, dass sie im Gegensatz zu ihren Kollgeinnen in den anderen Austen Büchern eigentlich keine Entwicklung erlebt. Sie bleibt vom Anfang bis zum Ende eine sehr korrekte und passive Person und die Moral scheint zu sein, dass geduldiges Warten durchaus reicht um am Schluß belohnt zu werden. Abgesehen davon, dass das nicht gerade eine Botschaft ist, die ich so unterschreiben würde, wäre es schön gewesen, wenn Fanny gegen Ende des Romans ein bißchen lebhafter geworden wäre.
Meiner Meinung nach sollte man Mansfield Park sicher nicht als erstes Buch von Austen lesen - vielleicht ist es sepeziell etwas für Leute für die Lizzy Bennet etwas zu draufgängerisch und vorlaut war. Fanny Price ist ihr ziemliches Gegenteil, aber für meinen Geschmack eine Spur zu "heilig" um wirklich Spaß zu machen und ihre Geschichte und die beschriebene Problematik ist nicht so zeitlos wie man es von anderen Austen Romanen kennt.

Hier der Trailer für die Verfilmung von Mansfield Park von 1999 - Fanny ist hier ihrer Buchvorlage nicht wirklich treu geblieben





Regency Wedding






Sonntag, 3. November 2013

"Der Report der Magd" von Margaret Atwood



'By telling you anything at all I'm at least believing in you, I believe you're there, I believe you into being. Because I'm telling you this story I will your existence. I tell, therefore you are.'


Im Original heißt das Buch "The Handmaid's Tale" (erstmals 1986 erschienen) - ein um einiges geglückterer Titel. Ich finde hier die Übersetzung etwas schroff und ich glaube nicht, dass ich das Buch in der deutschen Übersetzung überhaupt gelesen hätte. Für mich klingt "Der Report der Magd" wie einer dieser reisserischen, historisch angehauchten Romane in denen es dann vor allem um Sex geht. Anscheinend gibt es auch eine Verfilmung des Romans unter dem Titel "Die Geschichte der Dienerin", was ich persönlich eine viel bessere Übersetzung finde.


Handmaid's Tale, Artist: Erin Mcuire



Es wird die Geschichte von Offred (zu deutsch "Desfred") erzählt, die eine "Magd" (Handmaid) in der Republik von Gilead, einer streng religiösen Gemeinschaft, ist. Sie lebt bei einem Commander und seiner Frau und abgesehen von kleineren Hilfstätigkeiten im Haushalt, besteht ihre Hauptaufgabe darin, sich einmal im Monat auf den Rücken zu legen und zu hoffen, dass der Commander sie schwängert. Fruchtbare Frauen sind aufgrund diffus angedeuteten Katastrophen rar und diejenigen die Kinder bekommen können, haben eine Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft. Aber Offred erinnert sich an eine Zeit davor, als sie verliebt war und eine Familie hatte und vor allem einen eigenen Namen, einen eigenen Job und Zugang zu Wissen...

'There is more than one kind of freedom, said Aunt Lydia. Freedom to and freedom from. In the days of anrachy, it was freedom to. Now you are being given freedom from. Don't underrate it.'

Die erste Hälfte des Buches hat mir eigentlich gar nicht gefallen, bis mich die Geschichte dann plötzlich nicht mehr losgelassen hat und ich den restlichen Roman mit einem Knoten in der Magengegend fertig gelesen habe.
Es dauert schon eine Weile bis man sich zurecht findet, da man mitten in die Geschichte stolpert, die aus Offreds Perspektive erzählt wird und man sich jedes kleine Stück Information zu dieser Gesellschaft in Gilead in mühsamer Kleinarbeit erlesen muss. Das ansich war mir aber gar nicht so unsympathisch - ich finde es durchaus gut, wenn einem Bücher nicht gleich alle Information auf der ersten Seite präsentieren (oder noch schlimmer, sich mit mühsam konstruierten Dialogen behelfen um möglichst alles nicht voraussetzbare Hintergrundwissen in einer Seite abzuhandeln).
Aber ab dem Zeitpunkt wo sich dann langsam ein Ganzes aus den Puzzelteilen bildet und sich die vermutete Absurdität dieser Gilead Republik bestätigt, schüttelt man erstmal den Kopf und hat vielleicht auch Gedanken wie "Welche böse, männliche Laus ist den Margaret über sämtliche inneren Organe gelaufen, dass sie denkt, dass so etwas möglich wäre oder von irgendjemanden - männlich oder weiblich - mitgetragen werden würde." Die Gesellschaft die Atwood hier beschreibt ist totalitär und frauenfeindlich.  Alle Frauen sind in eine Art Kastensystem von Ehefrauen,"Tanten" (Erzieherinnen), "Marthas" (Haushaltshilfen) und eben Handmaids unterteilt. Diese Handmaids werden einer Familie zugeteilt, wo die Ehefrau nicht fähig ist ein Kind zu bekommen. Einmal im Monat sind dann beide Eheleute und Handmaid im Schlafzimmer und während die Ehefrau die 'Dienerin' festhält, schläft der Mann mit ihr. So soll verhindert werden, dass die Handmaid sexuell aufgeladen wird; sie ist lediglich ein Gefäß für das erhoffte Kind. Vor allem bei dieser Bettszene schien mir das Buch ins Absurde abzurutschen: Man konnte nicht erkennen, wer von diesem System Vorteile haben sollte - es erscheint für alle Beteiligten schrecklich.
Erst als dieses scheinbar perfekt funktionierende System Risse bekommt und Schlupflöcher sichtbar werden, werden auch durchaus die Vorteile für einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung klar und es läuft einen beim Lesen eine kalter Schauer über den Rücken. Gewisse Gedankengänge und Mechanismen scheinen plötzlich gar nicht mehr so weit hergeholt und extrem, sondern um einiges näher als einem lieb ist; es geht weniger um Frauenfeindlichkeit als Entmenschlichung. Das Buch erinnert mich stark an Orwells "1984" - weniger Science Fiction, sondern mehr eine mögliche Alternative, wenn mehrere falsche Abzweigungen genommen werden und wir als Menschen nicht höllisch aufpassen. Es ist ein Roman für die es sich absolut lohnt etwaige Anfangsschwierigkeiten zu überwinden.


"The Handmaid's Tale - Official Trailer (1990)