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Dienstag, 27. Januar 2015

Zauberlehrling | Fillory - Die Zauberer von Lev Grossman



"Fillory verhält sich zu Harry Potter wie ein Glas Whiskey zu einem Becher dünnen Tees. [...]"
(George R. R. Martin)
 

Quentin Coldwater - hochbegabt, unbeliebt und unglücklich - steht kurz davor eine angesehene Universität zu besuchen ohne wirklich zu wissen ob er das will. In Wahrheit sehnt er sich nach Fillory, dem magischen Ort seiner Kindheit, welcher einer populären Buchreihe beschrieben wird. Alle haben die Fillory Bücher gelesen, doch die meisten lösen sich irgendwann von ihren kindlichen Fantastereien. Aber nicht Qentin und sein Traum soll in Erfüllung gehen: Er wird an einer Zauberschule angenommen. Alles was er sich jemals gewünscht hat scheint in greifbarer Nähe, aber die große Erfüllung will sich nicht einstellen.


fischerverlag.de


Es ist ziemlich offensichtlich was Lev Grossman hier versucht - er versetzt den Sehnsuchtsort magische Schule mit einem ordentlichen Schuß Realität (so weit es das Thema zu lässt).
Hier zaubern von Hormonen und Unsicherheiten gebeutelte Teenager, die in der "wirklichen" Welt eher zu den Getretetenen als zu den Alphatierechen gehört haben. Und schockierender Weise bleiben die alltäglichen Fragen nach dem "warum" und "wohin" auch dann bestehen, wenn man mit speziellen Fähigkeiten ausgestattet.
Die Ausbildung vergeht wie im Flug und dann wird Quentin gemeinsam mit seinen Freunden in die "wirkliche" Welt gesetzt. Mit Geld sind sie versorgt, sie sind jung und haben großartige magische Fähigkeiten - aber wozu?

Lev Grossman nimmt das inzwischen klassische Thema der Zauberschule und entzieht diesem die zwei Grundlagen, die es zu einem sicheren Ort ohne die tägliche Ungewissheit machen: Erstens den guten Allwissenden, der stets zur Stelle ist um zu erklären und zu helfen. Zweitens den bösen Feind, dessen Bekämpfung ungefragt eine erfüllende Aufgabe bietet. Es gibt hier keine allwissende väterliche Figur alà Albus Dumbledore oder Gandalf. Die Schule wirkt weniger wie ein schützender Hafen und mehr wie ein unerklärlicher und verfallener Ort an dem ohne wirkliches Verstehen Zauberei gelehrt wird. Grossman exerziert hier schön, wie sinnlos dann auch das Leben als magisch Auserwählter sein kann und wie Zauberei als Mittel zum Selbstzweck noch weniger erfüllt als Einkaufen gehen. Natürlich öffnet sich in der zweiten Hälfte dann wohl ein Tor in eine magische Welt mit einer ungeheueren Kreatur, aber das Abenteuer läuft vom Aufbau bis zu seinem Ende nicht ganz so wie man es gewohnt ist und ist wahrscheinlich mehr  als ein Vorspiel zu den nachfolgenden Büchern zu verstehen.

Es ist ein gutes Buch, wenn man Geduld mit dem sich selbst ständig hinterfragenden und trübsinnigen Quentin mitbringt (und nachdem ich selbst ein trübsinniger Teenager war, hatte ich damit weniger Probleme). Amosphärisch ist die Geschichte wirklich hervorragend, eine Mischung aus Verfall und Rastlosigkeit, wobei spannend bleibt ob der Autor in den nachfolgenden Büchern es schafft seine Geschichte weiter zu entwickeln - weil drei Bücher über einen jammernden jungen Erwachsenen der ständig ins Leere läuft, wären dann doch etwas anstrengend.



Sonntag, 9. März 2014

Tip für Zauberlehrling Fans - Die Chrestomanci Serie von Diana Wynne Jones


Die Chrestomanci Serie von Diana Wynne Jones ist ein unbedingter Tip für Harry Potter Freunde. Und bevor zu große Plagiats Ängste ihren Platz einnehmen wollen - Chrestomanci gab es schon eine Weile vor Harry Potter. Zwischen 1977 und 2006 entstanden sieben Bände dieser Kinderbuch Serie, die mir bis jetzt (nach drei Bänden) große Freude bereitet hat. Die Bücher müssen in keiner bestimmten Reihenfolge gelesen werden, aber mit jedem Band kommt einen neue Detailinformation hinzu. Es breitet sich hier einen komplexen ineinander verwobenen Geschichtenteppich aus, der eigentlich nie ins stolpern gerät und man kann sich einfach jeweils für einen bunten Faden (= Buch) entscheiden. Es fehlt auch nicht eine (von mir sehr gemochte) leicht schaurige Seite, die sich meiner Meinung nach sehr oft in der britischen (Kinder)literatur findet. Das liegt vielleicht daran, dass es auf der Insel üblich war Kinder ziemlich früh in entfernte Internate zu schicken, wo sie ihre ersten Erfahrungen in der Welt fernab von der schützenden elterlichen Hand machen.
Neugierig Gewordene, die sich komplett überraschen lassen wollen und meinem Buchttip schon jetzt vollstes Vertrauen schenken, sollten an dieser Stelle diesen kleinen Blog verlassen und stattdessen eines der Bücher aufschlagen. Alle anderen (die mir offensichtlich nicht so vertrauen!!!) lesen noch ein kleines Stück weiter - es wird nichts Dramatisches verraten, aber der erste Band (Charmed Life) wird vielleicht so eine Spur früher durchschaubar.




Chrestomanci ist ein Titel, den der jeweilige Zauberer bekommt, der einerseits die magische Besonderheit von neun Leben aufweist und sich andererseits natürlich auch sonst als würdig erweist. Denn Chrestomanci hat die schwierige Aufgabe die Zauberwelt zu überwachen damit diverse Regeln zum Schutz des Allgemeinwohls eingehalten werden. Deswegen kann man in großer Not auch einfach drei mal seinen Namen sagen und dann muss er erscheinen - egal in welchem der neun (bekannten) Universiiiii (???) sich der Notleidende befindet. Das erklärt vielleicht warum er zu jeder Stunde peinlich genau auf sein Äußeres achtet. Damit nicht genug muss er außerdem auch noch nach seinem Nachfolger Ausschau halten.
Trotz dieser mannigfaltigen Aufgaben steht aber eigentlich nicht Chrestomanci selbst im Mittelpunkt. Um ihn kreisen nur die diversen Geschichten. Im Mittelpunkt steht ein bis mehrere Kinder in unterschiedlichen Situationen. Eltern gibt es keine beziehungsweise kümmern sie sich nur bedingt und man ist auch nicht Teil der beliebten Gruppe, sondern mehr Mauerblümchen und Randfigur. Das heißt aber auch nicht zwingend, dass sich immer um sympathische Kinder handelt, sondern um sehr reale, widerspenstige, sich-selbstbemitleidende, besserwissende Kinder, die sich da durch die eine oder andere gefährliche Situation kämpfen. Natürlich resistent gegen gutgemeinte Ratschläge und immer mißtrauisch gegenüber den falschen Personen, machen sie sich das Leben schwerer als nötig, zeigen dafür umso mehr eigenen Kampfgeist.

So viel kann ich zumindest nach drei gelesenen Bänden vermelden. Und ich finde die Bücher sind großartig - eine liebevoll entworfene Welt mit ebenso liebevollen (wenn auch kratzigen) kleinen Helden. Ich liebe solche Bücher wenn man sich einmal in einem "Lese-Tief" befindet und man sich mit leichter, aber gut geschriebener Literatur durch den tristen Alltag bringen möchte. Und wenn man kleine Mitmenschen hat, denen man vorlesen möchte - umso besser.

Sonntag, 27. Oktober 2013

Mr. Penumbra's 24 Hour Bookstore von Robin Sloane



'When you search for "unbroken Spine" Google replies: Did you mean: unicorn sprinkle?'





"Mr. Penumbra's 24 Hour Bookstore"* war ein überraschend schönes Leseerlebnis. Ich habe mir das Buch eigentlich ohne großes Nachdenken oder irgendwelche Empfehlungen gekauft; ich wollte einfach eine leichte Lektüre für den Urlaub, mit nicht allzu vielen Seiten und nicht allzu dramatischen Inhalt. Und wie der Titel schon verrät, ist es ein Buch über Bücher (aber nicht nur) und wie viele LeserInnen habe ich dafür sowieso eine Schwäche.




Aufgrund der allgemeinen (schlechten) wirtschaftlichen Lage verliert Clay Jannon seinen Job als Web Designer und aufgrund seiner Fähigkeit ohne Probleme hohe Leitern rauf und runter zu klettern, ergattert er sich die Nachtschicht in Mr. Penumbras Buchladen. Der Laden ist aber anscheinend noch weitaus eigenartiger, als es der erste Blick sowieso schon vermuten lässt. Die wenigen regelmässigen Kunden scheinen nie etwas zu kaufen, sondern nur besonders obskure Bücher auszuleihen. Die ausgeliehenen Bücher sind alle in einem eigenartigen Code verschlüsselt und Clay wird neugierig. Er beginnt die verschiedenen Besucher und das Schema ihres Leseverhaltens zu analysieren und macht sich schließlich gemeinsam mit seinen Freunden auf, ein Abenteuer zu bestehen.

Robin Sloane bedient sich hier verschiedener schon bekannter Zutaten: der klassische magische Buchladen und eine Geheimgesellschaft wird hier mit moderner Technologie etwas aufgemischt.
Im Grunde geht es um die Frage "Was suchst du hier?" und Sloane gibt eine bekannte und schöne Antwort auf diese Frage. Ich kann dieses Buch jeder/jedem empfehlen, der nicht puristisch veranlagt ist, was die diversen Genres betrifft und etwas Seelenbalsam vertragen kann (und wer braucht das nicht hin und wieder?). Ich finde es würde sich auch wahnsinnig gut als Geschenk für jemanden eignen, der gerade etwas vom Leben gebeutelt ist und vielleicht wieder die eigenen Prioritäten gerade rücken muß. Hier wird das Brot sicher nicht neu erfunden, aber manchmal ist es gut bekanntes in einer Geschichte verpackt zu lesen, damit man nicht auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben
vergisst.


'There is no immortality that is not built on friendship and work done with care. All the secrets in the world worth knowing are hiding in plain sight.'






*Robin Sloan, Mr. Penumbra's 24 Hour Bookstore, 2013
....soweit ich weiß ist das Buch bisher leider nicht auf deutsch erschienen - falls ich mich irre, würde ich mich über eine Nachricht mit Berichtigung freuen :)



Montag, 29. Juli 2013

Die wundersame Geschichte von September, die sich ein Schiff baute und das Feenland umsegelte...




von Catherynne M. Valente




Dieses Buch mit dem umständlichen Titel war seit langem wieder einmal eine sehr positive Überraschung am Lesehimmel. Obwohl diese Art von Geschichten ganz klar in mein Beuteschema passen, war ich längere Zeit unschlüssig, ob ich überhaupt Lust darauf habe. Der Titel war mir eindeutig zu verspielt und zu gezwungen schnörkelig und schrullig, dass ich schon schlimme Befürchtungen hatte. Aber Hut ab - Frau Valente hat hier sehr gekonnt etwas Großartiges geschaffen.



September, ein aufgrund von Kriegswirren eher unbaufsichtigtes und willenstarkes Mädchen, lässt sich vom Grünen Wind ins Feenland bringen. Dort herrscht inzwischen nicht mehr eine gütige Königin, sondern eine sehr auf Regeln bedachte und schreckliche Marquess. Die Marquess braucht September um einen bestimmten magischen Gegenstand aus dem Feenwald zu holen, ansonsten drohen schreckliche Konsequenzen und besonders Septembers neuen Freunden, dem Lindwurm A-bis-L und dem blauen Dschinn Samstag, soll das Leben zur Hölle gemacht werden. Schweren Herzen macht sich September auf um der Marquess zu helfen und muss dabei natürlich allerelei Abenteuer bestehen und erkennen, dass ihre Gegenspielerin sich an keine Regeln hält.






Die Geschichte selbst hält sich grundsätzlich an ein klassisches Schema, welches man vom Zauberer von Oz oder Alice im Wunderland kennt - Bücher denen oft nachgeeifert wurde, aber deren Besonderheit selten erreicht wird. Es reicht nicht, bloß eine Welt mit grotesken Gestalten zu bevölkern und diese mehr oder minder humoristische Antworten in den Mund zu legen. Das Ganze muß wie ein bunter orientalischer Teppich gewebt werden, aus vielen einzelnen Farben und Charakteren die zusammen ein fantastisches Bild ergeben. Und in diesem Fall geht die Vielfalt der Ideen einher mit wunderbaren Beschreibungen und Dialogen. (Ich kann jetzt leider wenig zu der deutschen Übersetzung sagen, da ich das Buch auf Englisch gelesen habe.)
Das Großartige an diesem Buch sind vor allem auch die unerwarteten schaurig, düsteren Stellen. Es ist (Gott sei Dank) nicht alles Cupcakes mit Zuckerguss in diesem Feenland, sondern mich hat es ehrlich bei manchen Stellen richtig gegruselt. Diese Schattenseiten haben ihre Wurzeln in sehr realen Ängsten und Kummer, was aber all die positiven Dinge noch mehr glänzen und scheinen lässt. Es wird nicht einfach eine Geschichte voll Flitter und Albernheiten erzählt, sondern diese sind Verbunden mit einer tieferen Ebene der Erzählung. Und ja das klingt abgedroschen, ist aber so!
Zuletzt, aber nicht minder wichtig ist die liebevolle Gestaltung des Buchs: die wunderschönen Illustrationen stammen von Ana Juan.

Dieser Band ist der erste Teil einer Trilogie, wobei die Geschichte laut Rezensionen noch dunkler wird. Der zweite Band ist letztes Jahr erschienen und der dritte Band wird Oktober dieses Jahres erwartet.
Empfehlung an alle, die Alice im Wunderland lieben, und es gerne düsterer mit einer noch sympathischeren Titelheldin hätten.





Band #1: The Girl Who Circumnavigated Fairyland in a Ship of Her Own Making, 2011

Band #2: The Girl Who Fell Beneath Fairyland and Led the Revels There, 2012

Band #3: The Girl Who Soared Over Fairyland and Cut the Moon in Two, 2013

 

Dienstag, 9. Juli 2013

Skulduggery Pleasant 1-3 von Derek Landy



Nach meiner kleinen Leseflaute (und nachdem ich an keines der von der lieben Papyrus empfohlenen Bücher so schnell ran gekommen bin), habe ich den einfachen Weg gewählt - knallig und schnell sollte es sein. Eines gleich vorweg - man muss Fantasy, Kampfszenen und flotte Sprüche mögen (besser sogar lieben). Leute, die Spaghetti Western mit Bud Spence und Terence Hill lustig finden, könnten hier ihre Fantasy Heimat finden. Ich habe die drei ersten Bücher (die wie eine Trilogie eine zusammenhängende Geschichte ergeben) in einem großen Skulduggery Pleasant Fest schnurstracks durchgelesen. Geht ganz einfach.









Als der berühmte Horror Schriftsteller Gordon Edgley stirbt, hinterlässt er den Großteil seines Vermögens seiner Lieblingsnichte Stephanie und verstrickt sie damit in Ereignisse, die schon lange vor seinem Tod (und seiner Geburt) ihren Lauf genommen haben.
Nachdem Stephanie von einem Unbekannten in Gordons Haus attakiert wird, wird sie von Gordons Freund Skulduggery Pleasant gerettet, ein ungefähr 400 Jahre altes Skelett, großartiger Magier und auch so ziemlich der beste Dedektiv überhaupt. Skulduggery zeigt Stephanie eine Welt voller Magie und wundersamer Gestalten, wie Ghastly Bespoke, ein extrem talentierter und hässlicher Schneider, oder die wunderschöne und gefährliche China Sorrows. Die 12jährige Stephanie ist fasziniert von dieser Welt und will nicht mehr in die "normale" Welt zurückkehren. Da sie ein ziemlich stures, mutiges und kluges Mädchen ist und Skulduggery nicht die üblichen Skrupel hat, Minderjährige in gefährliche Abenteuer mitzunehmen, wird Stephanie zu Valkyrie Cain und seiner Assistentin.
Gemeinsam versuchen sie dem Mörder von Stephanies Onkel auf die Spur zu kommen und merken, dass sie dabei sind eine viel größere Verschwörung aufzudecken. Der große Krieg zwischen den guten und den bösen Zauberern,
welcher damals Skulduggery seiner fleischlichen Hülle beraubt hat, ist noch lange nicht vorbei. Finstere Gestalten wollen beenden, was damals begonnen wurde und Stephanie spielt dabei keine unwesentliche Rolle. Mit dabei sind außerdem ausführliche Kampfszenen, flotte Sprüche und in-letzter-Minute-Rettungen.










Die Bücher sind eindeutig an ein jüngeres Publikum (etwa im Alter der Heldin) gerichtet und sicher ein gutes Geschenk für einen lesenden Teenager im Bekanntenkreis. Trotzdem kann man sie gut als Erwachsener lesen, man muss nur das klassische Genre des Dedektiv Romans oder Ähnliches mögen. Magie wird hier hauptsächlich benutzt um Kampfszenen interessanter zu gestalten (was aber nicht heißt, dass nicht auch klassische Boxschläge zur Genüge zum Zug kommen) und die Beschreibung solcher füllt dann schon mal mehrere Seiten. Und nicht zu vergessen ist, dass man dabei natürlich auch immer ein paar sarkastische Sprüche für den übermächtigen Feind aus dem Ärmel schütteln muss. So etwas muss man mögen und ich bin dabei bestens unterhalten - wie gesagt: Bud Spencer und Terence Hill oder auch Bruce Willis Fans kommen hier voll auf ihre Kosten.
Die entworfene Welt ist nicht allzu kompliziert und oft wird mit Zauberei das eine oder andere erzählerische Problemchen gelöst  (zum Beispiel wie gelingt es einer 12jährigen nächtelang wegzubleiben und ihre diversen blauen Flecken zu verstecken), aber das Ganze ist nicht zu an den Haaren herbei gezogen und das magische Universum steht auf soliden Füssen.
Was mir die Geschichte noch einmal sympathischer macht ist, dass es zu keinerkei Romantik kommt. Skelett und 12jähriges Mädchen haben ganz klar wenig sexuelle Anziehungskraft, dafür gibt es hier sehr viel Mut und Freundschaft. Und Landy hat ein tolles Talent für Namen.  Es hört nur ziemlich oft zu regnen auf.





Die reisserischen Titel der deutschen Ausgaben sind hier kein Übersetzungsfiasko, sondern durchaus stimmig...

Skulduggery Pleasant 01. Der Gentleman mit der Feuerhand, 2007.
Skulduggery Pleasant 02. Das Groteskerium kehrt zurück, 2011.
Skullduggery Pleasant 03. Die Diablerie bittet zum Sterben, 2012








Sonntag, 12. Mai 2013

Jonathan Strange & Mr Norrell von Susanna Clarke



Auf "Jonathan Strange & Mr Norrell" - den Debutroman von Susanna Clarke - wurde ich aufmerksam, weil es als eine Kombination von Fantasy und Jane Austen angepriesen wurde. Sehr wichtige Schlagworte für mich... Könnte ich die Motorik meiner Augebrauen voneinander trennen, hätte ich interessiert und skeptisch EINE Augenbraue elegant angehoben und hätte vielsagend gemurmelt, "Du, lieber über 900 Seiten Wälzer, hast mein Interesse geweckt. Ich mag ein Buch mit Rundungen". So aber habe ich aus Unfähigkeit beide Augenbrauen verkrampft hochgezogen und mit einem Ausdruck völliger Überraschung (als wäre ich meiner Sinne nicht ganz Herr) das Buch flux auf den verflixten Kindle geladen. In diesem Fall nicht der schlaueste aller Einfälle - dicke Wälzer mit Fußnoten machen sich irgendwie nicht so gut als elektronisches Buch. Es ist frustrierend so gar kein physisches Erfolgserlebnis nach dieser Seitenanzahl zu haben, das mit den Fußnoten kann man eigentlich vergessen und die Illustrationen sind auf Papier wahrscheinlich auch schöner. Und es ist ein gutes Buch. Ein Buch, das man sich durchaus auch in "echt" kaufen kann.

 





Die Geschichte spielt in Europa (Hauptschauplatz England) im 19. Jahrhundert zur Zeit der Napoleonischen Kriege. Richtige Magie ist schon lange nicht mehr praktiziert worden und man beschränkt sich auf Theorien über Zauberei mit allen möglichen philosphischen Nebengedanken. Nur die wichtige Grundfrage "Warum gibt es keine praktische Anwendung von Magie mehr in England?" wird tunlichst vermieden. Außerdem sieht es so aus, als wäre die Fragestellung mittlerweile auch so nicht mehr richtig.
Denn ein gewisser Mr Norrell hat es im Alleingang geschafft, Magie wieder aufleben zu lassen. Stolz und auch etwas verbissen über diese Errungenschaft, möchte er dieses Wissen mit niemanden teilen (fast alle Bücher über Magie befinden sich in seiner Bibliothek), aber auch sein Können in den Dienst des Allgemeinwohls stellen. Nur nimmt ihn am Anfang niemand ernst und er sieht sich gezwungen mit Hilfe einer Elfe (fairy) ein spektakuläres Zauberkunststück zu vollbringen, mit dem er manchen dunklen Stein ins Rollen bringt. Kurzfristig erreicht er aber sein Ziel, als Magier anerkannt und gesucht zu sein.
Jonathan Strange wiederum ist ein junger Mann, der eigentlich so gar keine wirklichen Ziele hat und eher durch Zufall zur Magie kommt. Überraschenderweise nimmt Mr Norrell Jonathan als seinen einzigen Schüler an und die beiden verbindet im Laufe der Geschichte so etwas wie eine unzertrennliche Hass-Liebe.
Während die sie gemeinsam für England Magie betreiben (die zwar funktioniert, aber eigentlich weiß niemand genau WIE sie funktioniert), brauen sich über und direkt neben ihnen dunkle Wolken zusammen, die beide nicht bemerken. Eigenartige Begebenheiten und eine dunkle Prophezeiung werden von den ach so begabten Herren einfach ignoriert. Erst als alles zu spät scheint, werden die wahren Begebenheiten von manchen Ereignissen entdeckt und es wird klar, dass Magie einiges mehr ist, als bisher vermutet.

Zuerst sei gesagt: Ja, das Buch ist lang und streckenweise etwas arg in ins Detail und Ausführliche gehend. Aber im Großen und Ganzen hat man hier ein gut recherchiertes Buch (die magische Geschichte ist in unsere reale Geschichte des 19. Jahrhunderts eingeflochten), mit entwickelten Charakteren und einer durchdachten Verflechtung mehrerer Erzählstränge zu einem Ganzen. All diese Dinge brauchen eben ihren Platz. Und auch die öfters bemängelnden Fußnoten sind im Grunde ein sehr praktische Methode, der geneigten Leserin Informationen zuzuspielen, ohne den Erzählfluß zu stören und mit konstruierten Dialogen (die so einfach nicht stattfinden würden) Erklärungen für gewisse Umstände zu liefern. Kurz gesagt, man sollte sich auf das Buch einlassen, so wie es ist: ein Buch mit vielen Seiten. Und dann kann es wirklich Freude machen:

Die Charaktere stehen auf eigenen Füssen und auch wenn man nicht alle Details der Lebensgeschichte jeder Person weiß, so sind Handlungen und Motivationen durchaus nachvollziehbar, obwohl hier keine zweidimensionale Schwarz-Weiß-Malerei betrieben wird. Weder Strange noch Mr Norrell sind gänzlich gut oder böse, sondern sehr menschlich mit ihren spezifischen Eigenschaften. Magie ist in diesem Roman nicht einfach der Motor, der die Geschichte antreibt und bei unglaublichen Verwicklungen zur einfachen Problemlösung herangezogen wird. Es werden hier nicht die klassischen Zutaten des Fantasygenres zum ewig gleichen Geschichtenbrei verbraten, sondern hier entsteht etwas eigenes; eine originelle Idee von Zauberei mit Quellen aus Mythen und Volkssagen. Magie ist hier eine "universelle Sprache", die nicht aus unserer Welt stammt.

Was mich als Jane Austen und Charles Dickens Fan zusätzlich begeistert hat, ist, dass Susanna Clarke in ihren Beschreibungen und Dialogen den "richtigen Ton" trifft und mit genau der richtigen Prise an (zur Farce) erstarrten Höflichkeitsroutine und  trockenen Humor (der mich speziell an Jane Austen erinnert hat) arbeitet.


"These ladies and gentlemen, visitors to the city of Venice, were excessively pleased with the Campo Santa Maria Formosa. They thought the facades of the houses very magnificent- they could not praise them highly enough. But the sad decay which buildings, bridges and church all displayed seemed to charm them even more. They were Englishmen and, to them, the decline of other nations was the most natural thing in the world. They belonged to a race so blessed with so sensitive an appreciation of its own talents (and so doubtful an opinion of any body else's) that they would not have been at all surprised to learn that the Venetians themselves had been entirely ignorant of the merits of their own city- until Englishmen had come to tell them it was delightful."



Eine Empfehlung an alle Fantasy Freunde, die sich gerne einmal zwischendurch die Zeit für ein Buch der etwas anderen Art nehmen - nur ein dickes Buch (keine 278 Bände ohne ersichtliches Ende), ohne Drachen und blutige Kriegszenen*, dafür mit einer gut geschriebenen, interessanten Geschichte über menschliche Irrungen und Zauberei. Viel Freude damit.


Arthur Rackham, 1920
 


Auf Deutsch ist das Buch "Jonathan Strange & Mr. Norrell" 2005 beim Berliner Taschenbuch Verlag erschienen.

*Nicht falsch verstehen - ich liebe klassische Fantasy mit Drachen, Magie und dem restlichen Brimborium. Aber man kann nicht jeden Tag Schnitzel essen. Obwohl...

Sonntag, 3. März 2013

Bookify my Life...




Verbüchere mein Leben? Mein Leben in Büchern? Das Sprachen aber auch so unterschiedlich funktionieren müssen. Jedenfalls ist das ein sehr schöner „tag“ aus der Youtube Welt, kreiert von Amy (Youtube Kanal shoutameBookify my life)
Man nimmt sich einfach ein paar Ideen aus diversen Büchern und bastelt sich dann eine eigene Welt zusammen. So kann das Kind mal raus zum spielen kommen...
Ernsthaftere Charaktere haben aber auch natürlich die Möglichkeit dem Ganzen eine andere Wendung zu geben. Man könnte sich zum Beispiel an den Schauplatz von Marlen Haushofers „Die Wand“ begeben, vorzugsweise auf die „geschützte“ Seite, und die einsame Hauptfigur mit ein paar neuen Freunden beglücken... Auch kein unspannendes Szenario. Ich bin natürlichen den anderen Weg gegangen und hab hauptsächlich Fantasybücher (für Kinder) geplündert.

Where is your life set? What world are you in?
1.) In was für einer Welt spielt deine Geschichte?
Discworld... Ganz klar in der Scheibenwelt von Terry Prattchet. Schließlich ist hier alles, was einem so an Übernatürlichem einfällt vertreten, aber eigentlich sind alle um ein friedliches Miteinander bemüht. Am liebsten hätte ich einen Hauptwohnsitz in Ankh-Morpork und dann kann man ja Ausflüge nach Überwald und so weiter machen...

What kind of character are you? Good guy/bad guy? Or an actual character from your world?
2.) Welcher Charakter bist du? Gut oder böse? Oder bist eine bereits vorhandene Person aus deiner gewählten Welt?
Susanne Sto Helit
Ich glaube, ich mach es mir einfach machen und kidnappe einen schon bereits vorhandenen Charakter. Ich wäre Susanne Sto Helit, die Enkelin vom Sensenmann (im Original Death himself). Ich wäre aber nicht ganz so ablehnend meinem Opa gegenüber (und wahrscheinlich würde ich gewisse menschliche Grundängste endlich überwinden) und überhaupt hätte ich mehr Freude an meinen Besonderheiten. Wahrscheinlich wäre ich in einem kleinen Machtrausch.
Und Bonus: Haare, die meine Stimmung wiederspiegeln. Solche Haare wollte ich schon haben, als ich als Kind Pumuckl gesehen habe.


Best friend? Closet companion?
3.) Dein bester Freund/ deine beste Freundin?
Ganz klar - Pippi Langstrumpf.  Mit einer übermenschlich starken Freundin ist man ohne Frage im Vorteil. Außerdem sprüht sie vor Abenteuerlust (da würde ich selbst als Sue versagen und es würde eine langweilige Geschichte werden) und Humor.





The 'Mother Hen' character? The person who takes care of everyone :)
4.) Der „Glucken-Charakter“? Wer passt auf alle auf?
Miss Havisham. Aber nicht die aus Dickens „Große Erwartungen“ (um Gottes Willen), sondern aus Jasper Ffordes „In einem anderen Buch“. Ich komme mit wirklich mütterlichen Charakteren nicht so klar, aber hätte gerne eine zwar raue, aber allwissende Person in meiner Nähe und auf meiner Seite.

Your sworn enemy? The bad guy?
5.) Dein eingeschworener Feind? Der Bösewicht?
Am Anfang ist mir sofort die unsympathischste literarische Gestalt, die ich in letzter Zeit getrroffen habe eingefallen – Joffrey Baratheon aus der „Songs of Ice and Fire“ Serie von George R. R. Martin. Aber dann ist es irgendwie wenig unterhaltsam, so einen grausamen Bösewicht ohne Hirn als Gegenspieler zu haben und warum nicht nach den Sternen greifen? Also kann nur Professor Moriarty mein Erzfeind sein. Natürlich eine etwas rosarote Version des Originals – ohne wirklich mörderische Absicht, will er seine Genialität mit meiner messen und ist im Zweifelsfall sogar bereit mich zu retten, weil seine Existenz ohne mich kaum Sinn machen würde.


Your love interest?
6.) Deine große Liebe?
Mr. Rochester aus Jane Eyre. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen. Sorry, Jane.

Your chosen pet/animal friend?
7.) Dein Haustier? Dein tierischer Freund?
In der “His Dark Materials” Serie von Philip Pullman haben die Menschen einen “Dæmon”, einen Teil ihrer Selbst, der die Form eines Tieres annimmt. In der Kindheit ist die Gestalt des Dæmons noch nicht festgelegt. Erst wenn man erwachsen wird, entscheidet sich die entgültige Gestalt des Dæmons. So etwas stelle ich mir aus vielen Gründen sehr schön vor – man ist nie allein, hat etwas Pelziges zum kuscheln (außer natürlich der Dæmon ist ein Reptil) und natürlich einen klaren Verbündeten bei all den vielen Abenteuern… ich wäre zwar eigentlich schon erwachsen, aber ich denke mein Dæmon wechselt weiterhin die Gestalt. Schließlich hat mir Pippi sicher eine Krumelnuß gegeben.

One Object from another book that you would want to bring over into your life?
8.) Ein Objekt aus einem anderen Buch, das du mit in deine Welt bringen würdest?
Also eigentlich hätte ich gerne ein Objekt aus der Scheibenwelt in meinem Besitz: die Truhe, die der Tourist Twoflower dem Zauberer Rincewind schenkt. Man bräuchte nie wieder sein Gebäck tragen (nie würde die Truhe am Flughafen verloren gehen, weil sie mir überall hin folgen würde) und zusätzlich wird man bis aufs Blut verteidigt. Merkt man hier, dass ich mich nach allen Seiten absichern möchte?



Ansonsten hätte ich gerne die „Karte des Rumtreibers“ aus der Harry Potter Serie. Erstens strebe ich herumtreiben an und zweitens gefällt der Spruch „Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin“ Pippi sicher ausgezeichnet. Ich sehe da unsere erste Freundschaftstätowierung am Horizont.




Elderly man/guidance character?
9.) Väterliche Figur? Charakter mit Überblick?
Granny Weatherwax
Pipapo... Väterliche Figur... pfff... Ich denke ich halte mich an Granny Weatherwax und Nanny Ogg, zwei Hexen die schon in der Scheibenwelt leben. Obwohl ich fast glaube, dass sich Granny Weatherwax mit Miss Havisham in die Wolle kriegen könnte. Aber dafür kann ich mit Nanny Ogg ein bis zwei trinken gehen.





How would your like/story come to a close?
10.) Wie wird deine Geschichte enden?
Ah... dies wird einer dieser endlos Serien. Mehrere Bücher ohne jemals ein wirkliches Ende.







Personen, Gegenstände und geistiges Eigentum wurden aus folgenden Büchern gestohlen:

Die Welt
Terry Pratchett, Discworld Series (dt. Scheibenwelt – Romane), 1983 - ... 

Susanne Sto Helit
Terry Pratchett, Soul Music, Discworld #16, 1994, (dt. Rollende Steine)
Terry Pratchett, Hogfather, Discworld #20, 1996, (dt. Schweinsgalopp)
Terry Pratchett, Thief of Time, Discworld #26, 2001, (dt. Der Zeitdieb)

Pippi Langstrumpf 
Astrid Lindgren,  Pippi Långstrump, 1945 (dt. Pippi Langstrumpf)

Miss Havisham 
Originalfigur aus Charles Dickens, Great Expectations, 1860 (dt. Große Erwartungen)
In diesem Fall aber Jasper Fforde, Lost in a Good Book, 2002 (dt. In einem anderen Buch)

Joffrey Baratheon 
George, R. R. Martin, A Game of Thrones (A Song of Ice and Fire #1), 1996 (dt. Die Herren von Winterfell) u. a.
Prof. James Moriarty 
Arthur Conan Doyle, The Memoirs of Sherlock Holmes, 1893 (dt. Die Memoiren des Sherlock Holmes)

Mr. Rochester 
Charlotte Bronte, Jane Eyre, 1847

Dæmon 
Philip Pullman, His Dark Materials (Serie), 1995/97/99

Die Truhe / The Luggage
Terry Pratchett, The Colour of Magic, 1983 (dt. Die Farben der Magie) u. a.
Karte des Rumtreibers /  Marauders Map
J. K. Rowling, Harry Potter and the Prisoner of Azkaban (Harry Potter #3), 1999 (dt. Harry Potter und der Gefangene von Askaban)

Granny Weatherwax 
Terry Pratchett,  Equal Rites, 1987 (dt. Das Erbe des Zauberers) u. a.
Nanny Ogg 
Terry Pratchett, Wyrd Sisters, 1988 (dt. MacBest) u. a.





Sonntag, 13. Januar 2013

A Song Of Ice And Fire

A Song of Ice and Fire. Game of Thrones. Autor George R. R. Martin. HBO Serie. Bisher erschienen: Fünf Bände. Genre Fantasy. Lesen! Lesen! Lesen! Absolut grandios, episch, das Beste vom Besten...





Ich habe erst vor ein paar Tagen die letzten Kapitel des fünften (und bisher letzten) Bandes  der Fantasy Reihe "Game of Thrones" von George R. R. Martin gelesen. Warum ich das Buch nicht schon längst - das heißt gleich nach Erscheinungsdatum - in kürzester Zeit verschlungen habe, liegt daran, dass ich aufgrund der langen Pause zwischen vierten und fünften Band beim ersten Anlauf einmal nur verwirrt war. Dann das Buch frustriert auf die Seite gelegt habe. Dann in Ruhe noch einmal die ersten vier Bände* gelesen habe. Das war sowieso gut, weil ich "damals" so gierig durchgefegt bin, dass ich vieles nur sehr schlampig gelesen habe und ich mich eigentlich nur mehr an die Geschichten meiner Lieblingscharaktere erinnern konnte. Damit ist auch schon eine der wenigen Schwächen der Reihe erwähnt: Zu! Lange! Pausen!

Jedenfalls ist man, wenn man sich noch nicht auf die Reise durch diese fantastische Welt begeben hat, einerseits zu beneiden, andererseits auch zu bemitleiden. Martin ist ein gnadenloser Autor und das liegt nicht nur an der ungeschminkten Brutalität von gewissen Szenen. Er mag sich einfach nicht an irgendwelche vorgegebenen Konventionen und Ewartungen halten. Kurz nachdem ich die ersten zwei Bände gelesen hatte, war ich jeder Geschichte / jedem Autor gegenüber misstrauisch. Nicht noch einmal sollte mich da so ein Schreiberling unerwartet so link überraschen. Niemandem leichtfertig vertrauen!
Das Tolle an dieser Serie ist, dass man das Gefühl hat mitten in der Geschichte zu stehen, ohne die leiseste Idee zu haben, wie alles ausgehen wird. Der König stirbt und damit entsteht ein Machtvakuum und das Spiel um den Thron kann beginnen. Es gibt mehrere Häuser, die versuchen ihre Zukunft abzusichern und einige undurchsichtige Spieler im Untergrund. Man verfolgt auch "tote Pfade", also Schicksale, die eben nicht von Erfolg gekrönt sind und keine gewichtige Rolle im großen Spiel um die Macht haben. So wie es eben ist, wenn man mitten im Geschehen ist. Geschichte wird ja erst später geschrieben, wenn klar ist wer die Sieger sind. Dann wird entschieden was wichtig ist und was nicht, wer böse und wer gut ist. Und so ist es auch bei dem Meer an Fantasy Büchern. Man betrachtet als Leser die Geschehnisse aus der Vogelperspektive: Normalerweise hat man bei Geschichten dieser Art einen klaren Helden und man weiß, wer die moralisch zu verachtenden Feinde sind. Irgendeinmal dazwischen werden die Bösen die Oberhand haben, aber die Guten gewinnen am Ende. Der Held rettet, was auch immer zu retten ist. Martin macht es einem nicht so leicht. Es gibt hier wenig Schwarz -Weiß, aber sehr viele Grauschattierungen. Manche Charaktere hat man eben noch gehasst, um sie dann im nächsten Moment zu verstehen und ihnen die literarischen Daumen zu drücken, damit sie nicht in irgendeine Falle tappen.

Das einzige, was mir Sorgen macht und mich gleichzeitig wahnsinnig beeindruckt, ist die immer komplexere Welt, die hier entsteht. Ich habe keine Ahnung, wie Martin den Überblick bewahrt, nachdem im fünften Band noch ein paar (Neben-)Charaktere mehr ihren Platz einnehmen und da und dort noch ein Geschichtenstrang eingefügt wird. Durchaus nicht gezwungen, sondern alles geht in der bereits vorhandenen Geschichte auf, aber ich hoffe, dass diese Serie nicht einem nicht unbekannten Fantasy Schicksal zum Opfer fällt: der Autor findet zu keinem Schluss mehr à la "Rad der Zeit".
Das Spezielle ist außerdem noch, dass die Kapitel jeweils einem der Charaktere zugeordnet sind, also die Geschichte dann aus dem Blickpunkt dieser einen Person erzählt wird. Daher ist das ganze nicht streng chronologisch geordnet - manche Erzählstränge sind schneller, während andere wieder in einem anderen Band mehr zum Zug kommen, obwohl sie zeitgleich passieren. Das kann streckenweise ermüdend sein, wenn man nicht allen Irrungen & Wirrungen mit dem gleichen Enthusiasmus folgt beziehungsweise möchte man manche Charaktere einfach nur schütteln und beuteln, weil sie so gar nicht in die Gänge kommen.

Aber im Großen und Ganzen blase ich hier alle meine virtuellen Fanfaren, streue Konfetti und gebe Champagner aus - unbedingte Lesempfehlung, auch für Leute, die vielleicht sonst keine Fantasy Bücher mögen. Diese sind wirklich auf eine geniale Art anders. Drachen sind natürlich schon dabei.





P.S.: Ich habe die Bücher auf Englisch gelesen. Auf deutsch sind es keine fünf, sondern ganze zehn Bände. Ich kann also nicht sagen, wie "kurzweilig" das wird, aber vielleicht freut man sich auch, dass man so viel mehr zu lesen hat.

* Es gibt übrigens ein nettes Amazon Kindle Bücherpaket für die fünf Bände um € 28,76. Ist keine schlechte Sache, obwohl ich finde, dass die handfeste Version aufgrund der Länge der einzelnen Bände etwas leichter zu handhaben ist.