Mittwoch, 29. Januar 2014

Die Austen Abenteuer #5 - "Emma"


 Was sind die Austen Abenteuer?  Bitte hier nachlesen :)




"Emma Woodhouse, handsome, clever, and rich, with a comfortable home and happy disposition, seemed to unite some of the best blessings of existence; and had lived nearly twenty-one years in the world with very little to distress or vex her."

Der Roman beginnt mit einer Hochzeit - Emmas Gouvernante heiratet und Emma versucht nun den ersten Abend mit ihrem Vater so unterhaltsam und friedlich wie möglich zu gestalten. Gott sei Dank bekommen sie auch Besuch von Mr. Knightly, einem alter Freund der Familie und so ziemlich der Einzige, der Emma hin und wieder widerspricht.
Dieser sich ankündigende zurückgezogene Lebensstil entspricht so gar nicht Emmas Charakter und da sie keine junge Dame ist, die sich mit lesen oder Stickerei lang beschäftigen kann, verfolgt sie bald ein neues Projekt. Miss Harriet Smith wird zur Freundin gemacht und soll durch Emmas Einfluss kultivierter und attraktiver gemacht werden um schließlich als krönenden Abschluss möglichst vorteilhaft verheiratet zu werden. Emma biegt sich hier eine Welt zu ihrem großen Unterhaltungswert und erst als sie die Folgen ihres unüberlegten Handelns nicht mehr leugnen kann, beginnt bei ihr ein Prozess der Läuterung.

"She [Emma] would notice her [Harriet Smith]; she would improve her; she would detach her from her bad acquaintance, and introduce her into good society; she would form her opinions and her manners. It would be an interesting, and certainly a very kind undertaking; highly becoming her own situation in life, her leisure, and powers."

Emma - Fischer Verlag



Emma hat es als Einzige von Jane Austens Protagonistinnen auch auf den Titel geschafft und ist auch im Gegensatz zu ihren Kolleginnen als Einzige finanziell unabhängig - das heißt, schon ganz zu Beginn des Romans stellt Emma fest, dass Heiraten nichts für sie ist.

"The real evils, indeed, of Emma's situation were the power of having rather too much her own way, and a disposition to think a little too well of herself. […] The danger, however, was at present so unperceived, that they did not by any means rank as misfortunes with her." 

Der erste Eindruck von Emma ist der einer verwöhnten, sich selbst überschätzenden Göre, die aufgrund ihrer sozialen Stellung und ihres ungebremsten Charakters mehr Schaden anrichtet als man möglich meinen möchte. Dabei hat sie ein gutes Herz und einen klugen Kopf auf ihren wohlgeformten Schultern. Aber wie in allen Austen Romanen fehlt eine starke leitende Hand. Ihre Mutter ist früh gestorben, der Vater ist hauptsächlich mit mit seinem schwachen Gesundheit beschäftigt und ihre (ehemalige) Gouvernante ist ihr eine gute, aber allerhöchstens ebenbürtige Freundin. Allein Mr. Knightly, ein guter Freund der Familie und einige Jahre älter als Emma, schafft es hin und wieder etwas strenger mit ihr zu sein und versucht sie ein etwas besonneres Wesen zu verwandeln.
Natürlich entdeckt auch Emma bei sich erste Verdachtsmoment der Verliebteheit, aber erst nach einigen falschen Fährten und nicht spätestens nachdem sie ihre Freundin Harriet fast komplett ins Unglück gestürzt hat, merkt Emma wo ihr wahres Glück liegt.

“If I loved you less, I might be able to talk about it more.”

Emma ist sicher die leichtfüssigste in Jane Austens Frauenrunde. Durch ihre soziale Stellung hat sie mehr Freiheiten und das besondere an ihr ist auch, dass sie nicht durch ihre Verliebtheit eine Wandlung erfährt, sondern erst nach der Wandlung ihre Liebe erkennen kann. Durch ihr vermeintliches Spinnen von Heiratsglück für andere und die Fehler, die sie dabei macht, lernt sie mehr über sich selbst und ihre kleinen Schwächen. Die passiert eigentlich sehr selbständig mit nur leichten Richtungsweisern. Aber erst dann ist es ihr möglich zu erkennen, wem ihr Herz gehört. Neben dieser Erkenntnis hat Jane Austen aber hier alle möglichen Pärchenkonstellationen verarbeitet - jeder Topf bekommt sein Deckelchen beziehungsweise jedeR bekommt was er verdient. Man bekommt auch einen (für mich zumindest) überraschenden Einblick in die Liebesbriefe dieser Zeit. Da Briefe das einzige Mittel zur Kommunikation war, wurde offenbar jegliche noch so irrelevante Information dem meilenwert entfernten Liebhaber kundgetan. So steht eine geheime Liebesgeschichte fast auf der Kippe, weil der so liebevoll Adressierte davon weiß, dass einer der unzähligen Nachbarn sich doch eine neue Kutsche zulegen wollte. Da niemand, der mit ihm in offizieller Kommunikation stehenden ihm diese wertvolle Information gegeben haben kann, kommt es zu einem Geraschel und Geraune in der Gesellschaft und die heimlich Verliebten stehen kurz vor der Entdeckung.

 "Emma" ist neben "Stolz und Vorurteil" ein wunderbar fluffiger Einstieg in das Austen Universum und mir persönlich ist die etwas arg von sich überzeugte Emma sogar etwas lieber als die scharfzüngige Lizzy Bennet aus Stolz und Vorurteil.




Wunderbare Seite über Kleidung, Sitte etc. zur Lebenszeit von Jane Austen: Jane Austen's World

La Toilette, Boucher, 1742. Image@francoisboucher.org





“I am Emma Woodhouse. I feel for her, of her and in her. I have a different sort of snobbism, but I understand her snobbism. Her priggishness. I admire it. I know she does wrong things, she tries to organize other people's lives, she can't see Mr Knightley is a man in a million. She's temporarily silly, yet all the time one knows she's basically intelligent. Creative, determined to set the highest standards. A real human being.”
John Fowles, The Collector








Sonntag, 12. Januar 2014

"Gute Geister" von Kathryn Stockett




Mit einem unerklärlichem Südstaatentick ausgestattet und nachdem ich letztes Jahr mit großer Begeisterung "Gone with the Wind" gelesen habe, musste ich früher oder später natürlich auch "Gute Geister" (im engl. Original: "The Help") lesen.
"Vom Winde verweht" wird in "Gute Geister" öfters erwähnt - es ist quasi das Negativ von dem sich "Gute Geister" abheben will. Das "Vom Winde verweht" voller verklärender Romantik der eigenen Geschichte gegenüber ist, möchte ich  gar nicht bestreiten. Aber als aufmerksame Leserin wird einem der innwohnende Rassismus der damaligen Gesellschaft kaum entgehen. Es stimmt, dass Scarletts heißgeliebte "Mammy" nicht nach ihrer Meinung gefragt wurde; es ist kein Buch, dass die Sklaverei aus der Sicht der Betroffenen zeigt. Aber es zeigt die Täter (wenn auch von der Autorin ungewollt) sehr wohl; vielleicht nicht die offen brutalen Sklavenhalter, aber die "netten", die das System genauso mitgetragen und mitgestaltet haben. Kathryn Stockett will also nun in ihrem Buch den schwarzen Haushaltshilfen eine Stimme geben.

"And," I felt compelled to continue, "everyone knows how we white people feel, the glorified Mummy figure who dedicates her whole life to a white family. Margaret Mitchell covered that. But no one ever asked Mammy how she felt about it."
(Miss Skeeter zu Elaine Stein)



Die Geschichte spielt in Jackson, Missisippi in den Jahren der Bürgerrechtsbewegung. Schwarze müssen getrennte Toiletten, getrennte Eingänge und eigene Bibliothekten benützen. Schwarze Frauen arbeiten als Dienstmädchen für weiße Familien und ziehen ihre Kinder groß, dürfen aber nicht am selben Tisch essen wie ihre Arbeitgeber. Es wird aus drei Perspektiven erzählt -  da sind die schwarzen Haushaltshilfen Abileen und Minnie und "the white lady" Miss Skeeter. Miss Skeeter will Journalistin werden und nachdem sie in New York zu einem Verlag Kontakt aufnimmt, entsteht die Idee eine Sammlung von Interviews mit schwarzen Haushaltshilfen über ihr Leben und ihre Arbeit zu machen. Sie findet eine Verbündete in Abileen, doch die Arbeit an dem Buch gestaltet sich schwierig. Groß sind die Grenzen, die es zu überwinden gilt und groß sind auch die Gefahren.

Die Autorin des Buches, Kathryn Stockett, ist weiß und aus Missisippi. Man braucht das Nachwort im Buch eigentlich nicht lesen, um zu realisieren, dass sie sich mit der Figur von Miss Skeeter selbst beschreibt; aber das Nachwort hilft das Buch als das anzunehmen, was es sein will.
Denn die große Frage ist, inwieweit kann eine Weiße heute aus der Perspektive von schwarzen Angestellten in den 60ern schreiben? Wie weit kann man sich wirklich in eine Situation versetzen, die man selbst nie erlebt hat und so auch hoffentlich nie erleben wird? Wie kann man die Stimme der Opfer annehmen, wenn man eigentlich zu den Tätern gehört? In einem Abschnitt des Buches heißt es:

"White people been representing colored opinions since the beginning a time."

Passiert das nicht auch hier? Darf man das? Ich habe dazu noch immer keine abgeschlossene Meinung... Denke ich (zum Beispiel), dass eine weibliche Autorin nicht aus der Perspektive eines männlichen Protagonisten schreiben darf? Eigentlich nicht. Denke ich, dass ein Mann einen feministischen Roman aus der Sicht einer Frau schreiben kann? Vielleicht, aber ich stelle es mir schwierig vor. Möchte ich, dass fiktiver Literatur Fesseln einer bestimmten Perspektive auferlegt wird? Sicher nicht! Wäre es besser gewesen Kathryn Stockett hätte von Abileen und Minnie aus der Perspektive von Miss Skeeter erzählt? Ich weiß es nicht. Kathryn Stockett selbst schreibt, dass sie selbst nicht rechtzeitig daran gedacht hat ihre "Mammy" Demetrie nach ihrer Meinung zu fragen und dass sie mit ihrem Buch eine Annäherung, ein Verstehen versucht:

"What I'm sure about is this: I don't presume  to think that I know what it really felt to be a black woman in Mississippi, especially in the 1960s. I don't think it is something any white woman on the other end of a black woman's paycheck could ever truly understand. But trying to understand is vital to our humanity."
(Kathryn Stockett im Nachwort zu "The Help")

Abgesehen davon liest sich das Buch schnell und man fühlt mit Abileen, Minnie und Miss Skeeter. Die Charaktere selbst sind etwas flach, wie von der Stange. Man hat die gutherzige Abileen und die zornige Minnie. Es sind also die grundsätzlich möglichen/vorstellbaren Gefühlswelten abgedeckt. Von den anderen interviewten Haushaltshilfen erfährt man wenig. Einen etwas größeren Auftritt bekommt noch Gretchen, die Miss Skeeter vorwirft, dass sie nur eine weitere Weiße ist, die von den Schwarzen profitieren will. Die weinerliche Verletztheit von Miss Skeeter und die Empörung von Abileen nach Gretchens Auftritt, sind allerdings etwas schwer verdaulich.
Im englischen Original haben Abileen und Minnie einen augeprägten Dialekt, während alle Weißen perfektes Englisch sprechen. Ein Detail, dass sicher zur "Authentizität" beitragen soll, aber zumindest bei Miss Celia etwas ins Stolpern gerät - Miss Celia wird als "white trash" mit einem tiefen Südstaaten Slang beschrieben - in der direkten Rede jedoch merkt man davon bei ihr aber nichts.
Miss Skeeter ist wahrscheinlich der am besten ausgearbeitete Charakter, was aufgrund der autobiographischen Züge nicht verwundert. An ihr wird auch deutlich gezeigt, wie leicht sie Teil dieses Systems werden hätte können und dass uns oft nur kleine Abweichungen und Zufälle davor retten, den bequemen Weg zu gehen.

Im klassischen 5-Sterne System habe ich dem Buch vier gegeben, was vielleicht verwundert. Aber trotzdem alle meine Zweifel bestehen bleiben, sind sie erst beim späteren Nachdenken verstärkt in den Vordergrund getreten. Beim Lesen selbst konnte ich mich voll auf die Geschichte einlassen und  das Buch kaum aus der Hand legen. Ich hoffe aber bald Susan Tucker's "Telling Memories among Southern Women" habhaft zu werden - ein Buch mit 42 Interviews mit schwarzen und weißen Frauen, das auch Kathryn Stockett für ihr Werk gelesen hat.





Martin Luther King - "I have a dream" Speech - 28. August, 1963




Sonntag, 8. Dezember 2013

Die Königin des Scheiterns - etwas Geraunze und Gerotze als Zwischenspiel



Am Ende (des Jahres) werden wir ja alle reflektierter - deswegen haben wir ja Weihnachten erfunden. Damit all diese Reflektiererei durch Glitzer, Lichter und andere Albernheiten möglichst kurz gehalten wird. Bitte nicht falsch verstehen - ich liebe Glitzer, Lichter und Albernheiten. Ich finde es großartig, dass es jedes Jahr möglich ist zumindest einmal auch mit über 30 ernsthaft Glitzer zur Schau zu tragen - momentan sind zum Beispiel meine tannengrün lackierten Nägel noch zusätzlichen mit güldenem Glitzer verziert: Total festlich und macht beim Tippen unheimlich Freude.

Aber zurück zur Reflektion. Ich bin eine schlechte Buch-Bloggerin. Übel. Miserabel. Zum Haare raufen. Ich lese einfach zu wenig. Und nicht jedes Buch, dass ich lese, schafft es auf diesen Blog. Und das hat gar nichts damit zu tun, ob mir das Buch gefallen hat oder nicht. Neil Gaimans "The Ocean at the End of the Lane*" habe ich zum Beispiel großartig gefunden.
Es kann sein, dass ich es nicht ganz verstanden habe, weil ich die düstere Vermutung habe, dass da eine "Botschaft" versteckt war. Ich habe es nämlich relativ rasch mit großer Begeistrung so vor mich hingelesen und mich sogar richtig gegruselt, aber dann bin ich über das Ende gestolpert und ich war mir nicht mehr sicher, was ich da eigentlich gelesen habe. Ich finde es weiterhin großartig, aber darüber schreiben möchte ich nicht - weil entweder würde das eine extrem tollpatschiger Versuch werden, die diversen Zwischentöne zu interpretieren oder ich wäre nach drei Sätzen fertig und das würde dem Buch ein großes Unrecht antun.



Und ich werde nicht anfangen, gelesene Seitenzahlen anzugeben (gääähn) oder Sätze wie "Das Cover
ist sehr schön und passt zum Buchtitel" zu schreiben, nur um ein bißchen Text zu haben. Dabei bin ich durchaus jemand, der mal ein Buch nach Cover kauft um dann enttäuscht zu werden. Jedes Mal ist das Cover schwarz-weiß-grau gestaltet und jedes Mal ist dann die dahinter versteckte Geschichte eher mau. Also Covergestaltung ist grundsätzlich eher nebensächlich, außer bei diversen Jane Austen Ausgaben, die ich am liebsten alle haben würde und keine einzige besitze. Und dann gibt es da noch diese Penguin Clothbound Classics Serie... Wunderschön. Und dann gibt es natürlich besonders liebevoll gestaltete Bücher, wie die Fairyland Serie von Catherynne M. Valente. Das erste Buch habe ich hier vorgestellt und nachdem ich seufzig und sehnsuchtsvollig getan habe, hat mir das Onkelchen den zweiten Band geschenkt. Steht auf sehr dekorativ auf meinem Schreibtisch. Gelesen habe ich es noch nicht und das wird diese Jahr auch wohl nichts mehr.

Apropos Jane Austen. Ich habe ja hier einsam und alleine das Projekt "Die Austen Abenteuer" laufen, weil ich eine Mission habe. Jane darf nicht vergessen werde und die Kunde ihre Bücher muss verbreitet werden. Mein perfider Plan war, dieses Jahr alle von ihr geschriebenen Werke hier vorzustellen und mich dann nächstes Jahr in die Welt der auf ihren Geschichten basierenden Bücher zu wagen, von denen es viele gibt (eines der bekanntesten ist der Film "Clueless") und vor denen ich als Puristin immer die Nase gerümpft habe - also eine kleine Herausforderung an mich. Aber obwohl die Anzahl der Bücher überschaubar ist, werde ich dieses Projekt wohl mit ins nächste Jahr nehmen. Aufgeben werde ich es nicht - so eine Mission lässt sich nicht so leicht abschütteln.

Diverse Weihnachtsbasteleien liegen hier auch so auf halber Strecke müde herum. Die fertig (!) gestrickte Mütze wartet noch auf den krönenden Pommsel, mein eigener Schal wartet noch auf so einiges und diverse Wollknäuel fragen sich, ob das Leben in runder Form nicht doch auch total lebenswert ist. Eine indische Gewürzdose fragt nach ihre Füllung und ich frage mich, ob indische Gewürzdosen ohne Inhalt nicht auch total schick sind. Mit Staffel 7 von Dr. Who bin ich jetzt aber fertig, den Film im Kino habe ich verpasst. Es gibt nächstes Jahr wohl noch so einiges zu tun.









*bisher noch nicht auf Deutsch erschienen?



Sonntag, 24. November 2013

Hörbuch: Benedict Cumberbatch spricht Ngaio Marsh


Ich liebe Hörbücher und bilde mir, hier noch nie welche vorgestellt zu haben. Das wird sich aber jetzt sowas von ändern und in diesem Fall schlage ich gleich drei Fliegen mit einer Klappe. Unter dem Vorwand einen klassischen englischen Krimi (Fliege Nummer 2) in Form eines Hörbuchs (Fliege Nummer 3) zu präsentieren, kann ich eigentlich über Benedict Cumberbatch (Fliege Nr. 1) sprechen.

Mit ist Cumberbatch das erste Mal in einer Miss Marple Adaption aufgefallen - Murder is Easy mit Julia McKenzie* als Miss Marple.  Seitdem hat sich für ihn in Punkto Karriere einiges getan; nicht nur mit der erfolgreichen und grandiosen Serie "Sherlock" (BBC), sondern auch der internationale Durchbruch als Böswicht im letzten Star Trek Film.

 Trailer Sherlock




Star Trek 'Into Darkness' - International Trailer




Und falls irgendjemand sich jetzt einen der beiden Trailer angeschaut hat und und jetzt nicht unbedingt ein Buch - und sei es ein Telefonbuch - von Benedict Cumberbatch vorgelesen haben möchte, der/die/das ist nicht mehr ganz bei Verstand. Alle anderen - es gibt ein Lösung. Unter anderem hat der gute Mann drei Krimis der Autorin Ngaio Marsh gesprochen. Telefonbuch ist ja dann doch nicht das Wahre.

Ngaio Marsh gehört (neben Agatha Christie, Dorothy L. Sayers und Margery Allingham) zu den wahren und ursprünglichen 'Queen of Crimes', ist aber, glaube ich, in unseren deutschsprachigen Breitengraden weniger bekannt. Sie war Neuseeländerin, aber ihr Dedektiv ist der  britische Inspektor Roderick Alleyn  und fast alle ihre Krimis spielen in England.
Wenn man klassische britische Dedektivgeschichten mit wenig Blut mag und sich dafür für die typischen englischen Eigenheiten wie Pubs, Jagd und Ständedünkel begeistern kann, ist hier sehr gut aufgehoben. Inspektor Alleyn ist ein Gentleman mit guter Erziehung - diese Beschreibung sagt auch schon einiges über die Krimis von N. Marsh aus. Es sind bedächtige Geschichten mit Beschreibungen von englischen Dörfern und den dort wohnenden Charakteren; trotz durchdachter Handlung geht es hier für mich weniger um die Lösung eines Mordes, als um die Atmosphäre und die Beziehung der unterschiedlichen Personen zueinander. Gesprochen von Benedict Cumberbatch bekommt das ganze noch einmal einen Extra Bonus - die Personen werden durch das Talent und den britischen Akkzent des Schauspielers einfach noch lebendiger.


Ngaio Marsh Krimis von B. Cumberbatch gesprochen sind:

Artists in Crime










Death in a White Tie

Scales of Justice













*Not my favourite Miss Marple, but that's another story...

Sonntag, 17. November 2013

Die Austen Abenteuer #4 - "Mansfield Park"

                                                                                                                 Die Austen Abenteuer







Im Mittelpunkt dieses Jane Austen Romans steht Fanny Price: Sie wird von ihren wohlhabenden Verwandten aufgenommen um ihren Eltern das Leben zu erleichtern und ihr eine bessere Erziehung zu ermöglichen. Soweit die guten Absichten. Dabei wird aber nie vergessen Fanny auf ihre ärmliche Herkunft hinzuweisen und das sehr schüchterne Mädchen fühlt sich oft einsam - nur ihr Cousin Edward kümmert sich um Fanny und wird bald ihr bester Freund und später ihre große einseitige Liebe. Zur selben Zeit als ihr Onkel aufgrund geschäftlichen Verpflichtungen nach Antigua muss, macht die restliche Familie ihre Bekanntschaft mit Mary und Henry Crawford. Mary und Henry sind beide wohlhabend und sorgenfrei bist zur Gewissenlosigkeit. Beide haben große Anziehungskraft auf Fannys Cousinen und ohne die strenge Hand des abwesenden Onkels, sorgen die beiden für Liebeskummer und Unruhe. Nur Fanny scheint den wahren Charakter der Crawfords zu durchschauen und leidet still, während sie merkt, dass Edmund sich immer mehr in Mary Crawford verliebt. Und auch Henry Crawford sorgt für einiges Unbehagen in Fannys bisher unschuldigem Leben...

Mansfield Park ist der Roman der unter den Austen Fans wahrscheinlich für die größte Unstimmigkeit sorgt - es gibt große Liebhaber der Geschichte um Fanny Price; viele können aber so gar nichts mit dieser ruhigen und zurückgezogenen Heldin anfangen.
Auch ich bin keine große Freundin von Fanny - oder eigentlich stört mich Fanny weniger: warum nicht einmal (speziell nach der fast übertrieben scharfzüngingen Lizzy Bennet) einen etwas introvertierterem Charakter auf die Bühne stellen, die mit ruhiger Standhaftigkeit schließlich auch die ihr gebührende Anerkennung erlangt?
Mein Problem ist mehr das gesamte Tempo des Romans - stellenweise ziehen sich die einzelnen Dialoge wahnsinnig in die Länge und sind ohne den sonst so gewohnten Witz von Jane Austen schwer zu lesen ohne ungeduldig zu werden. Es gibt hier viele Gespräche zwischen Edmund und Fanny, die vor allem dazu dienen, sehr enrsthaft die verschiedenen Vor- und Nachteile mancher Charakterzüge zu diskutieren. Man wünscht Fanny, dass sie ihr Glück findet, aber speziell die erste Hälfte des Romans ist teilweise einfach langweilig. Erst als dann Henry Crawford anfängt eine größere Rolle in Bezug auf Fanny zu spielen, gewinnt die Geschichte einen großen Spannungsmoment. Ich kann mich erinnern, dass ich, als ich das Buch das erste Mal gelesen habe, wirklich nicht gewußt habe, wie Fannys Geschichte ausgehen wird und das ist bei einem Jane Austen Roman schon speziell.
Aber schlußendlich ist Mansfield Park einfach nicht "my cup of tea".
Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass Austen ein Talent hat wirklich unsympathische Charaktere zu entwerfen - in diesem Fall sind eigentlich alle, bis auf Edmund und Fanny, auf der "dunklen Seite" und selbst die beiden sind manchmal in ihrer moralischen Selbstisicherheit schwer zu verdauen. Es ist schwieirig eine Geschichte zu lesen, wo einem fast alle handelnden Personen Bauchschmerzen bereiten.
Aber den größten Vorwurf den ich Fanny - oder besser Jane Austen - mache, ist, dass sie im Gegensatz zu ihren Kollgeinnen in den anderen Austen Büchern eigentlich keine Entwicklung erlebt. Sie bleibt vom Anfang bis zum Ende eine sehr korrekte und passive Person und die Moral scheint zu sein, dass geduldiges Warten durchaus reicht um am Schluß belohnt zu werden. Abgesehen davon, dass das nicht gerade eine Botschaft ist, die ich so unterschreiben würde, wäre es schön gewesen, wenn Fanny gegen Ende des Romans ein bißchen lebhafter geworden wäre.
Meiner Meinung nach sollte man Mansfield Park sicher nicht als erstes Buch von Austen lesen - vielleicht ist es sepeziell etwas für Leute für die Lizzy Bennet etwas zu draufgängerisch und vorlaut war. Fanny Price ist ihr ziemliches Gegenteil, aber für meinen Geschmack eine Spur zu "heilig" um wirklich Spaß zu machen und ihre Geschichte und die beschriebene Problematik ist nicht so zeitlos wie man es von anderen Austen Romanen kennt.

Hier der Trailer für die Verfilmung von Mansfield Park von 1999 - Fanny ist hier ihrer Buchvorlage nicht wirklich treu geblieben





Regency Wedding






Sonntag, 3. November 2013

"Der Report der Magd" von Margaret Atwood



'By telling you anything at all I'm at least believing in you, I believe you're there, I believe you into being. Because I'm telling you this story I will your existence. I tell, therefore you are.'


Im Original heißt das Buch "The Handmaid's Tale" (erstmals 1986 erschienen) - ein um einiges geglückterer Titel. Ich finde hier die Übersetzung etwas schroff und ich glaube nicht, dass ich das Buch in der deutschen Übersetzung überhaupt gelesen hätte. Für mich klingt "Der Report der Magd" wie einer dieser reisserischen, historisch angehauchten Romane in denen es dann vor allem um Sex geht. Anscheinend gibt es auch eine Verfilmung des Romans unter dem Titel "Die Geschichte der Dienerin", was ich persönlich eine viel bessere Übersetzung finde.


Handmaid's Tale, Artist: Erin Mcuire



Es wird die Geschichte von Offred (zu deutsch "Desfred") erzählt, die eine "Magd" (Handmaid) in der Republik von Gilead, einer streng religiösen Gemeinschaft, ist. Sie lebt bei einem Commander und seiner Frau und abgesehen von kleineren Hilfstätigkeiten im Haushalt, besteht ihre Hauptaufgabe darin, sich einmal im Monat auf den Rücken zu legen und zu hoffen, dass der Commander sie schwängert. Fruchtbare Frauen sind aufgrund diffus angedeuteten Katastrophen rar und diejenigen die Kinder bekommen können, haben eine Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft. Aber Offred erinnert sich an eine Zeit davor, als sie verliebt war und eine Familie hatte und vor allem einen eigenen Namen, einen eigenen Job und Zugang zu Wissen...

'There is more than one kind of freedom, said Aunt Lydia. Freedom to and freedom from. In the days of anrachy, it was freedom to. Now you are being given freedom from. Don't underrate it.'

Die erste Hälfte des Buches hat mir eigentlich gar nicht gefallen, bis mich die Geschichte dann plötzlich nicht mehr losgelassen hat und ich den restlichen Roman mit einem Knoten in der Magengegend fertig gelesen habe.
Es dauert schon eine Weile bis man sich zurecht findet, da man mitten in die Geschichte stolpert, die aus Offreds Perspektive erzählt wird und man sich jedes kleine Stück Information zu dieser Gesellschaft in Gilead in mühsamer Kleinarbeit erlesen muss. Das ansich war mir aber gar nicht so unsympathisch - ich finde es durchaus gut, wenn einem Bücher nicht gleich alle Information auf der ersten Seite präsentieren (oder noch schlimmer, sich mit mühsam konstruierten Dialogen behelfen um möglichst alles nicht voraussetzbare Hintergrundwissen in einer Seite abzuhandeln).
Aber ab dem Zeitpunkt wo sich dann langsam ein Ganzes aus den Puzzelteilen bildet und sich die vermutete Absurdität dieser Gilead Republik bestätigt, schüttelt man erstmal den Kopf und hat vielleicht auch Gedanken wie "Welche böse, männliche Laus ist den Margaret über sämtliche inneren Organe gelaufen, dass sie denkt, dass so etwas möglich wäre oder von irgendjemanden - männlich oder weiblich - mitgetragen werden würde." Die Gesellschaft die Atwood hier beschreibt ist totalitär und frauenfeindlich.  Alle Frauen sind in eine Art Kastensystem von Ehefrauen,"Tanten" (Erzieherinnen), "Marthas" (Haushaltshilfen) und eben Handmaids unterteilt. Diese Handmaids werden einer Familie zugeteilt, wo die Ehefrau nicht fähig ist ein Kind zu bekommen. Einmal im Monat sind dann beide Eheleute und Handmaid im Schlafzimmer und während die Ehefrau die 'Dienerin' festhält, schläft der Mann mit ihr. So soll verhindert werden, dass die Handmaid sexuell aufgeladen wird; sie ist lediglich ein Gefäß für das erhoffte Kind. Vor allem bei dieser Bettszene schien mir das Buch ins Absurde abzurutschen: Man konnte nicht erkennen, wer von diesem System Vorteile haben sollte - es erscheint für alle Beteiligten schrecklich.
Erst als dieses scheinbar perfekt funktionierende System Risse bekommt und Schlupflöcher sichtbar werden, werden auch durchaus die Vorteile für einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung klar und es läuft einen beim Lesen eine kalter Schauer über den Rücken. Gewisse Gedankengänge und Mechanismen scheinen plötzlich gar nicht mehr so weit hergeholt und extrem, sondern um einiges näher als einem lieb ist; es geht weniger um Frauenfeindlichkeit als Entmenschlichung. Das Buch erinnert mich stark an Orwells "1984" - weniger Science Fiction, sondern mehr eine mögliche Alternative, wenn mehrere falsche Abzweigungen genommen werden und wir als Menschen nicht höllisch aufpassen. Es ist ein Roman für die es sich absolut lohnt etwaige Anfangsschwierigkeiten zu überwinden.


"The Handmaid's Tale - Official Trailer (1990)