Eine weiter Empfehlung in Sachen "Wohlfühl-Bücher". Erich Kästner steht bei mir sowieso hoch im Kurs, obwohl ich grundsätzlich seine Kinderbücher bevorzuge. Trotzdem beweisen "Drei Männer im Schnee" alle grundsätzlichen Kästner Qualitäten.
Es ist eine Verwechslungskomödie, die hier beschrieben wird (und auch 1955 verfilmt wurde). Ein Millionär will sich von den Fesseln seines Standes befreien und macht anonym bei seinem eigenem Preisausschreiben mit. Als Zweitplazierter gewinnt er einen Aufenthalt in einem Nobelhotel in den Bergen. Eigentlich genau den gleichen Preis wie der Gewinner: ein arbeitsloser Werbertexter namens Fritz Hagedorn.
Der Millionär Tobler macht sich nun als armer Mann verkleidet auf die Reise. Sein Diener (so ganz ohne gehts wohl nicht) kommt mit ihm auf die Reise, getarnt als reicher Unternemer und unter strengster Auflage seinen Brotherrn nicht zu helfen. Jedenfalls geraten Toblers Tochter und seine Haushälterin in Panik und warnen das Hotel vor dem verkleideten Millionär. Es kommt, wie es kommen muss - der arbeitslose Hagedorn wird für den Millionär gehalten. Die drei Männer aber freunden sich schnell an und bieten den Unverschämtheiten und Bevorzugungen gemeinsam die Stirn.
Ernst Ludwig Kirchner, Davos im Schnee
Das beruhigende (und vielleicht auch die Schwäche) an der Erzählung ist, dass alle wichtigen Personen das Herz am rechten Fleck haben. Es ist alles recht zuckerlrosa und wolkig und falls jemand sozialkritische Töne erwartet, dann wird man hier enttäuscht. Der Millionär erfährt zwar, dass arme Personen in Luxushotels unerwünscht sind und nicht gerade wohlwollend behandelt werden, aber er fängt deswegen nicht an revoltionäres Gedankengut zu hegen. Er persönlich ist ja nicht so und außerdem ist er ja eigentlich reich und hat die pekuniären Möglichkeiten sich noch an dem garstigen Portier und Hoteldirektor zu rächen (wenn er möchte). Der bitterarme Dr. Hagedorn hat sich trotz seiner Sorgen den Humor bewahrt und wird jetzt gleichsam mit dem "reichen Onkel aus Amerika" belohnt, denn natürlich gibt ihm Tobler (bevor Hagedorn überhaupt weiß, dass Tobler Tobler ist) eine Stelle in seinem Konzern. Und die Tochter gleich dazu. Und alles ist gut. Ein schönes Detail ist übrigens die liebevolle Beziehung zwischen Hagedorn und seiner Mutter (anscheinend war auch Erich Kästner ein Mutterkind).
Das klingt jetzt ja so, als hätte mir das Buch nicht gefallen, obwohl das gar nicht der Fall ist. Es ist was es ist - ein "Lustspiel". Das Schöne ist ja gerade das, dass die Guten sich ins Fäustchen lachen, während die reichen Damen und arroganten Hotelangestellten auf die Naste fallen. Man mag die Figuren Tobler, Hagedorn und Co einfach und die Dialoge sind charmant und witzig. Eine Art Witz den man in der deutschen Literatur selten findet - wobei ich mich dabei gerne korrigieren lasse.
Deswegen die Einordnung in die Kategorie "Wohlfühl-Bücher": Sich einfach unterhalten lassen und die eigene Hoffnung bestärken, dass wenn man immer zu allen nett ist, irgendwann ein Millionär dabei ist, der uns mit Arbeit und Tochter versorgen will. Wahlweise natürlich auch Sohn. Aber damit nehme ich es nicht so genau.
Northanger Abbey ist eigentlich der erste Roman von Jane Austen, wurde aber zu ihren Lebzeiten nicht publiziert, sondern erst posthum. Ich empfehle Austen Neulingen aber durchaus in der "richtigen" Reihenfolge anzufangen, da Northanger Abbey alle Elemente eines Austen Romans hat und vom Handlungsablauf her gut nachvollziehbar ist, mit leicht zu mögenden (und genau so leicht abzulehnenden) Charakteren.
"No one who had ever seen Catherine Morland in her infancy would have supposed her born to be a heroine."
Der Roman ist vor allem eine Geschichte über das Erwachsen werden. Im Mittelpunkt steht Catherine Morland, 17 Jahre, die in einer winzig kleinen englischen Kleinstadt aufgewachsen ist, wo nie etwas Aufregendes passiert - alles was Catherine vom Leben angeblich weiß hat sie aus Romanen.
Eines Tages ladet das Ehepaar Allen Catherine ein, sie mit nach Bath* zu begleiten und damit kommt sie endlich in Berührung mit der richtigen Welt.
In schneller Folge lernt Catherine in Bath Mr. Henry Tilney und dann etwas später Isabella Thorpe kennen, mit der sie sich schnell anfreundet. Und damit hätten auch alle handelnden Personen mit ihren Familien die Bühne betreten. Für Mr. Tilney - wie kann es anders sein - entwickelt Catherine schnelle eine große Zuneigung und er macht sich wunderbar als "love interest". Charmant, witzig und liebevoll beweist er sich als wahrer Gentleman. Kritik erfährt Mr. Tilney von manchen Lesern für seine teilweise belehrende Art - mich hat das weniger gestört, bedenkt man wie naiv und unschuldig Catherine ist. Schnell merkt man wie wenig Vorbilder Catherine in ihrem Leben hat beziehungsweise wie sehr eine wohlmeinende Freundin fehlt. Und Mr. Tilney ist bei seinen Belehrungen nie herablassend. Besonders interessant finde ich es, dass er es oft sehr genau mit der Ausdrucksweise nimmt und auf der richtigen Verwendung von Wörtern besteht.
IsabellaThorpe ist das Gegenstück zu Catherine. Affektiert, künstlich und auch skrupellos, verfolgt sie ihre eigenen Interessen. Auch im Kontakt mit ihr merkt man Catherines Reifungsprozess. Es lässt sich gut verfolgen, wie ihr nach anfänglicher Verwirrung über Isabells Widersprüchlichkeit, langsam ein Licht aufgeht und sie lernt sich mehr auf ihr eigenes Urteilsvermögen zu verlassen. Die Liebe zwischen Henry und Catherine muss natürlich auch noch ein großes Hinderniss überwinden, aber darauf näher einzugehen würde das Erstlesevergnügen unnötig schmälern...
Northanger Abbey ist eines meiner Lieblingsbücher von Jane Austen (eigentlich sind alle Austen-Bücher meine Liebelingsbücher, aber in einer schwach abgestuften Rangfolge liegt Northanger immer auf einem der Spitzenplätze). Catherine ist ein Charakter der zeitlos ist - es wird immer verträumte und romantische Teenager geben, die sich Schritt für Schritt an ein paar unangenehme Wahrheiten gewöhnen müssen. Und es ist eine realistische Liebesgeschichte, ohne an den Haaren herbeigezogenen Problemen oder zu überzeichneten Schurken. Obwohl es Jane Austen für mich persönlich mit dem Realismus fast übertreibt, wenn sie schreibt...
"Henry was now sincerely attached to her, though he felt and delighted in all the excellencies of her character and truly loved her society, I must confess that his affection originated in nothing better than gratitude, or, in other words, that a persuasion of her partiality for him had been the only cause of giving her a serious thought."
Es entspricht zwar durchaus der Erfahrung, dass oft das Interesse geweckt wird, wenn man das Gefühl hat, die andere Person hat für einen selbst Feuer gefangen (siehe Beatrice und Benedick aus Shakespear's "Much Ado About Nothing"), aber trotzdem blutet mir da mein romantisches Leserherz doch ein wenig.
Wunderbar sind übrigens auch die "Small-Talk-Szenen" in der Geschichte - diese wunderbaren Gespräche auf den Bällen und bei den Spaziergängen, wo jede und jeder sich möglichst vorteilhaft schildert und der anderen Person kaum zuhört.
Jane Austen beschäftigt sich übrigens in dem Buch auch mit dem Genre in dem sie schreibt. Nicht nur sind Catherine und Isabella leidenschaftliche Leserinnen von Ann Radcliff (vor allem "The Mysteries of Udolpho"), auch in den Gesprächen lässt sie immer wieder das Thema aufkommen und meist reagieren die Männer abfällig gegenüber dieser sinnlose Beschäftigung. Jane Austen nimmt sich hier durchaus Raum um das Lesen von Romanen zu verteidigen und macht sich daüber lustig, dass wohl alle diese Bücher lesen, aber niemand es öffentlich zugibt. In einer meiner Lieblingszenen in Northanger Abbey gesteht Mr. Tilney auch solche Bücher zu lesen und gibt freimütig zu "The Mysteries of Udolpho" quasi verschlungen zu haben - I remember finishing it in two days - my hair standing on end the whole time.
Ich meine aber auch leise Kritk an der Unwahrscheinlichkeit mancher Handlungsabläufe solcher Schauerliteratur zu erkennen, da Catherine im Laufe der Geschichte erkennen muss, dass im realen Leben kaum finstere Komplotte mit Ehefrauen in Verliesen geschmiedet werden und das andere Probleme vorherrschend sind.
"Yes, novels; for I will not adopt that ungenerous und impolitic custom so common with novel-writers, of degrading by their contemptuous censure the very performance, to the number of which they are themselves adding - joining with their greatest enemies in bestowing the harshest epithets on such works, and scarcely ever permitting them to be read by their own heroine, who, if she accidentally take up a novel, is sure to tunr over its inisipid pages with disgust. Alas! If the heroine of one novel be not patronized by the heroine of another, from whom can she expect protection and regard?"
*Bath war der klassische Sommerfrische Ort und ist noch immer ein Urlaubsziel. Alle Welt war im Sommer dort - vergleichbar vielleicht mit Bad Ischl in Österreich in der Monarchie.
Eigentlich bin ich meistens auf der Suche nach Neuem und Aufregendem. Nach Geschichten, die ich so noch nie gelesen habe, die eine neue Perspektive zeigen und an meinen beschränkten, gedanklichen Fesseln zerren und rütteln, Eigentlich. Denn oft möchte ich einfach nur unterhalten werden und gar nicht so selten suche ich Zuflucht vor der garstigen Welt. Ich habe da ein paar zuverlässige Freunde, die ich dann aus dem Bücherregal zaubere und ab und zu entdecke ich auch ein neues Werk aus dem Genre der "Wohlfühl-Bücher". Das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt kann Leben retten, hat einmal ein kluger Mann gesagt*. Auch wenn ich nicht der Meinung bin, dass ein Lebensretter in Buchform unbedingt von der kuschelweichen Variante sein muss (sondern eigentlich jeglicher Art sein kann), so sind Wohlfühl-Bücher an den Tagen an denen man sich schwächlich, ungeliebt und unverstanden fühlt von größter Wichtigkeit.
"The Princess Bride: S. Morgenstern's Classic Tale of True Love and High Adventure." von William Goldman ist einer meiner vielen zuverlässigen Schätze.
William Goldman ist vielleicht (aber auch nur vielleicht) besser dafür bekannt, dass er unter anderem das Drehbuch für "Butch Cassidy and the Sundance Kid" (deutsch heißt der Film trauigerweise "Zwei Banditen") geschrieben hat.
Jedenfalls erfährt man von Goldmans Arbeit als Drehbuchautor wenn man "The Princess Bride" liest, denn das Märchen beziehungsweise die komödiantische Romanze der Brautprinzessin Buttercup mit ihrem Stalljungen Wesley wird in eine "reale" Rahmenhandlung eingebettet. In dieser erzählt Goldmann, dass ihm die Geschichte als Kind nach einer langen Krankheit von seinem Vater vorgelesen wurde. Die Originalgeschichte stammt von dem berühmten (und erfundenen) S. Morgenstern und nachdem Goldmann nun das Märchen seinem eigenen Sohn näher bringen möchte, bemerkt er, dass sein Vater ihm damals nur die spannenden Momente vorgelesen hat. Das Originalbuch ist voll mit historischen Details und Aufzählungen gespickt (da es vor allem als Satire auf den europäischen Adel gemeint ist). Goldman beschreibt nun, wie er beginnt zu recherchieren und beschliesst das Originalwerk um die langweiligen Passagen zu erleichtern, um es damit wieder zugänglicher zu machen.** Und voilà: so entsteht das vorliegende Buch.
Das von S. Morgenstern geschriebene Märchen ist eine klassische Liebesgeschichte mit ein paar ungewöhnlichen Zutaten. Der Anfang ist besonders schön, wenn beschrieben wird, wie Buttercup erst nach und nach zu der herzensbrechenden Schönheit wird, die man für diese Art Geschichte braucht und auch ihre ziemlich unfreundliche Art dem Stalljungen Wesley gegenüber (der natürlich schon seit Ewigkeiten in Liebe zu Buttercup entbrannt ist, aber klug genug ist, darüber zu schweigen). Als sie sich dann endlich ihre Liebe gestehen, beschliesst Wesley, dass er sich erst würdig erweisen muss und sein Glück in der Ferne suchen wird, um Buttercup dann später zu sich zu holen.
Natürlich kommt es, wie es kommen muss - es läuft nicht so schnurgerade, wie sich die beiden Liebenden das vorstellen. Buttercups Schönheit erregt die Aufmerksamkeit des nicht so netten Prinzen Humperdinck und sie willigt noch dazu ein ihn zu heiraten, nachdem sie erfährt das ihr geliebter Wesley auf hoher See sein Leben verloren hat. Doch Prinz Humperdinck hat ganz andere Dinge mit der schönen Buttercup vor, als diese sich in ihrer Navität vorstellen könnte...
Das Buch ist von wunderbaren Charakteren (wobei Buttercup und Wesley für mich fast nebensächlich sind) bevölkert, und meine Favoriten sind ganz klar Inigo Montoya und Miracle Max und seine Frau. Allein schon für die Szene bei Miracle Max würde das Buch zu einem meiner Lieblingsbücher zählen. Und Inigo Montoyas Mantra: "Hello. My name is Inigo Montoya. You killed my father. Prepare to die.", habe ich schon in manch dunkler Stunde (mit passenden und unpassenden Abwandlungen) halblaut vor mich hingemurmelt.
Wie das Buch selbst verspricht, hat es alle was nötig ist: Wahre Liebe. Rache. Betrug. Giganten, Schlangen. Spinnen. Jäger. Schöne Frauen. Folter. Fechten. Gift. Lügen. Wahrheiten. Verfolgungsjagden. Tod. Leidenschaft. Wunder. Schmerz. Mutige Männer. Feige Männer... und es ist ein Buch über das Lesen selbst.
Who can know when his world is going to change? Who can tell before it happens, that every prior experience, all the years, were a preparation for... nothing. Picture this now: an all-but-illiterate old man struggeling with an enemy tongue, an all-but-exhausted young boy fighting against sleep. And nothing between them but the words of another alien, painfully translated from native sounds to foreign. Who could suspect that in the morning a different child would wake? I remember, for myself, only trying to beat back fatigue. Even a week later I was not aware of what had begun that night, the doors that were slamming shut while others slid into the clear. Perhaps I should have at least known something, but maybe not; who can sense revelation in the wind? What happened was just this: I got hooked on the story.
Eigentlich empfehle ich es jeder und jedem, der nicht die Nase rümpft vor Märchen und einen Funken Humor besitzen. Aber besonders empfehle ich es denen, die gerade nicht ihre glorreichste Stunde haben und einfach abgelenkt werden wollen, dabei vielleicht sogar ein oder zwei mal lachen wollen und es bitter nötig haben, dass die Guten gewinnen.
P.S.: Außerdem gibt es eine wunderbare Verfilmung, die auch allen ans Herz legen kann.
*Hier versteckt sich ein Hinweis auf mein zu verlosendes Buch im Zuge der Aktion "Blogger schenken Lesefreude".
**Auch der "reale" Teil des Buchs ist frei erfunden.
"The Time Traveller's Wife" ist grundsätzlich und vor allem eine Liebesgeschichte: Der einzigartigen und großartigen Liebesgeschichte zwischen Henry und Claire, die allein durch Henrys Fähigkeit zur Zeitreise überschattet beziehungsweise noch spezieller gemacht wird. Es handelt sich dabei allerdings weniger um eine Fähigkeit als um eine Krankheit - epileptischen Anfällen gleich wird Henry unvorgesehen durch die Zeit geschleudert, ohne auf Zeit/Ort/Dauer Einfluß nehmen zu können. Anscheinend ist ein Gendeffekt dafür verantwortlich. Es werden hier aber nicht die üblichen Fragen von Zeitreisen diskutiert, sondern dieser wundersame Umstand ist die Rahmenbedingung.
Claire lernt den schon erwachsenen Henry schon als Kind kennen (in Normalzeit ist Henry acht Jahre älter als Claire), während er ihr zum ersten Mal in ihren und seinen Zwanzigern begegnet. Das mag konfus erscheinen, aber eines der großen Kunststücke von Audrey Niffenegger ist es, die Geschichte ohne größere Verwirrungen für die Leserin (also mich) zu erzählen und das obwohl man von Anfang an mitten in die Geschichte gestossen wird. Abwechselnd wird aus Claires oder Henrys Perspektive erzählt um langsam ein Großes und Ganzes entstehen zu lassen.
Aber trotz der originellen Idee und der klaren Beherrschung der Erzähltechnik, hat mich der Roman kalt gelassen. Die Liebe zwischen Henry und Claire war seltsam platt - nachdem sie sich dann in Echtzeit getroffen haben, scheint es überhaupt keine Weiterentwicklung zu geben. Sie lieben sich dann einfach (sofort), weil sie ja sowieso wissen, dass sie heiraten werden. Claire stellt sich nie die Frage, wie sie sich entwickelt hätte, wenn Henry ihr nicht schon als Kind erschienen wäre (und sie dadurch stark in ihrer Entwicklung beeinflusst hat). Nie fühlt sich einer der beiden von dieser entsetzlichen Vorherbestimmung auch nur im geringsten bedrängt. Es entwickeln sich auch keine Schwierigkeiten daraus, dass sie eigentlich nie gemeinsam etwas zum ersten Mal erleben (sondern fast immer zeitversetzt). Niffenegger ist so damit beschäfitgt zu beschreiben was sie tun und wie sie es tun (endloses Kaffe kochen und trinken zum Beispiel), dass kaum etwas für "was sie dabei fühlen" übrig bleibt.
... I walk right through to the back window, peer out the
backyard, and there's my future studio, and there's the grape arbor and
as I turn around Carol looks at me inquisitively and I say, "We'll buy
it." She is more than a bit surprised. "Don't you want to see the rest of the house? What about your husband?" "Oh, he's already seen it. But yeah, sure, let's see the house."
Wäre da nicht Henrys Zeitproblem, müsste man wirklich kein Buch über die beiden schreiben. Beide sind enorm attraktiv und begehrenswert, Claire ist bildende Künstlerin und Henry extrem belesen (er zitiert Rilke) und musikalisch am Puls der Zeit (er war ein Punk... und zwar ein richtiger Punk, ok?), sexuell sind sie übermässig aktiv (das scheint dann auch die Basis für ihre Liebe zu sein) und Geldsorgen gibt es dank Zeitreisen auch keine (mal abgesehen davon, schafft es Henry trotz ständig unerklärter Abwesenheit seinen Job zu behalten)...
And this astoundingly beautiful amber-haired tall slim girl turns around and looks at me as though I am her personal Jesus. My stomach lurches. Obviously she knows me, and I don't know her. Lord only knows what I have said, done, or promised to this luminous creature... (Henry über Claire)
Die Nebenfiguren sind eigentlich spannender als Claire und Henry. Da ist die verzweifelte und selbstzerstörrerische Exfreundin von Henry, die über ihre Trennung nicht hinweg kommt (es ist nicht ganz klar, ob Ingrid sowieso schon gestört war oder ob Henry da seinen Teil dazu beigetragen hat...). Oder die besten Freunde: Gomez und Charisse. Gomez ist eigentlich unsterblich in Claire verliebt und wartet nur darauf, dass Henry entgültig verschwindet. Um die Zeit zu füllen heiratet er trotzdem mal Charisse (die sich seiner Claire Leidenschaft anscheinend bewusst ist) und bekommt mit ihr drei Kinder. Audrey Niffenegger geht ziemlich herzlos mit ihren Nebenfiguren um (die aber ohnehin wenig Platz in ihrem Roman haben) und schafft dabei mehr oder weniger unsympathische Hauptfiguren (wahrscheinlich noch ein Grund warum mich ihre Liebesgeschichte so wenig interessiert).
Jedenfalls haben es weder die fantastischen, noch die realistischen Tiefpunkte des Wunderpärchens es geschafft, mich irgendwie für sie und ihre Liebe einzunehmen. Für mich fehlen einfach grundsätzliche Menschlichkeiten; es gibt keine wirklichen Ungewissheiten und keine Erschrecken vor der Gewissheit. Zusätzlich war so vieles unnötig in die Länge gezogen (um dann trotzdem an der Oberfläche zu bleiben - es gibt endlose Beschreibungen von Mahlzeiten und ständige Wichtigtuerei durch Erwähnung von klassischer Musik, Literatur und Kunst). 200 Seiten weniger hätten dem Buch nicht geschadet.
Wahrscheinlich sollte man über Geschichten zu denen man keinen Zugang gefunden hat, einfach schweigen. Aber ich kann einfach manchmal nicht an mich halten, speziell da diese Buch anscheinend so viele begeistert und mir von vertrauenswürdigen Menschen empfohlen wurde. Und wahrscheinlich bin ich einfach sauer, weil ein Buch mit so guten Zutaten (zumindest für mich) einfach so langweilig geworden ist. Ja, manchmal bin ich so kindisch. Audrey Niffenegger, The Time Traveller's Wife, 2004